Am Sonntag besucht Papst Benedikt XVI. die Synagoge von Rom. Die Medien werden sich auf das Ereignis stürzen und Bilder des Friedens um die Welt schicken, die den Betrachter glauben lassen, das messianische Zeitalter sei angebrochen. Man wird einen lächelnden alten Mann sehen, der von anderen lächelnden Männern empfangen wird. Bestimmt wird der alte Mann für die Einladung danken, und die anderen werden ihm sagen, wie sie sich freuen. Dann werden sie ein wenig essen, ein bisschen plaudern und vor allem stolz darauf sein, einen historischen Moment zu erleben – schließlich gehen Päpste nicht jeden Sonntag in die Synagoge. Doch Halt! Eben weil katholisch-jüdische Begegnungen auf dieser Ebene so selten sind, muss man sie nutzen, um Tachles zu reden: Wie steht es um das Verhältnis des Vatikans zu den Pius-Brüdern, bleibt die Karfreitagsfürbitte, was ist mit der geplanten Seligsprechung von Pius XII. und der Öffnung der Geheimarchive? Fragen über Fragen, die die Gastgeber ihrem Besucher stellen müssen. Dabei dürfen sie sich nicht blenden lassen. Weder von Benedikts Heiligenschein, noch von seinen roten Schuhen und schon gar nicht von seinem sanftmütigen Lächeln.
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