Meinung

Zürcher Betrachtungen

Im Jahr 2015 wurden in der Schweiz deutlich weniger antisemitische Vorfälle und Ereignisse registriert als 2014. In Zahlen ausgedrückt: nur noch 16 statt vorher 66. Eine erste Erklärung fällt leicht: 2014 gab es auch in der Schweiz während des Gaza-Krieges und direkt danach viele antijüdische beziehungsweise anti-israelische Demonstrationen, Drohungen und Beschimpfungen. Da unterschied sich auch die sonst im Vergleich zu den großen Nachbarländern immer noch gemächliche Schweiz nicht von anderen. 2015 gab es andere Reizthemen als Israel, und entsprechend verlor das Thema an Brisanz.

israel Der an sich markante Rückgang mag allerdings nur vordergründig Anlass zur Befriedigung geben. Denn allen Beteiligten ist klar: Steht Israel nächstes Mal wieder im Fokus, wird auch in der Schweiz das gleiche Szenario ablaufen wie 2014 oder wie immer in den vergangenen Jahren.

Doch es lohnt, die aktuellen Zahlen genau zu betrachten, verweisen sie doch deutlich darauf, wie Juden in der Schweizer Gesellschaft angesehen sind: Bemerkenswert ist etwa, dass fast alle der 2015 registrierten antisemitischen Vorfälle im Raum Zürich geschahen, zwölf von 16, im Rest des Landes also nur vier. Nun gilt Zürich, die Metropole des Landes, in politischer Hinsicht ohnehin als eine etwas rauere Gegend im Vergleich zu Bern oder Basel.

Zudem lebt im Raum Zürich etwa die Hälfte der jüdischen Bevölkerung der Schweiz. Und Zürich verfügt als fast einzige Schweizer Stadt über eine aktive charedische Gemeinschaft, Bürger also, die auch von Weitem als Juden erkennbar sind und immer wieder angepöbelt werden. Im vergangenen Jahr griff eine Gruppe von Skinheads einen orthodoxen Juden an; die Tat kam in die überregionalen Schlagzeilen, wurde einhellig verurteilt, nicht zuletzt in starken Worten von der Stadtpräsidentin, und die Täter wurden dingfest gemacht.

sicherheit Es gibt also mehr Antisemitismus in Zürich, aber auch mehr Initiativen dagegen. Aus Zürich – und das ist eben auch kein Zufall – kommt nun der Anstoß, die jüdischen Gemeinden bei den Kosten, die sie für ihre Sicherheit aufbringen müssen, zu entlasten. Bisher tragen die Gemeinden diese Ausgaben selbst, was beispielsweise in Deutschland, wo dies Staatsaufgabe ist, wohl undenkbar wäre.

Nicht nur die Schweiz insgesamt, auch das vermeintlich härtere Pflaster Zürich macht also, aus jüdischer Perspektive, nicht bloß negative Schlagzeilen.

Der Autor ist Journalist in Basel.

Taleb A.

Was über den Attentäter von Magdeburg bekannt ist

Er galt den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Islamkritiker, kämpfte für Frauenrechte und arbeitete als Arzt. Aber es gab auch eine andere Seite

 23.12.2024

Polen

Staatssekretär: »Würden Netanjahu bei Teilnahme an Auschwitz-Gedenkfeier verhaften«

Eine Auschwitz-Überlebende bringt wegen der polnischen Haltung einen Boykott der Gedenkfeier ins Spiel

 23.12.2024

Umfrage

Vertrauen in den Zentralrat der Juden vergleichsweise hoch

Laut einer Forsa-Umfrage ist das Vertrauen in den Zentralrat der Juden in Deutschland in der Gesellschaft höher als das in die Kirchen

 23.12.2024

Extremismus

Terrorexperte Peter Neumann fordert neue Täter-Kategorie

Nach dem Anschlag von Magdeburg: In Deutschland werde über Terroristen in allzu starren Kategorien gedacht

 23.12.2024

Gastkommentar

Antisemitismus: Lücken im Strafrecht schließen!

Im Kampf gegen Judenhass darf es nicht bei rechtlich unverbindlichen Appellen bleiben

von Volker Beck  23.12.2024

Brandenburg

Bürgermeister Arne Raue: Wechsel zur AfD vollzogen

Damit gibt es einen weiteren hauptamtlichen Bürgermeister der Rechtsaußen-Partei in Deutschland

 23.12.2024

Orthodoxe Rabbinerkonferenz

Rabbiner warnen nach Magdeburger Anschlag vor Hass und Spaltung

Die orthodoxen Rabbiner in Deutschland drücken ihre Anteilnahme nach dem tödlichen Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt aus

 23.12.2024

Gedenken

Ein Stein stößt an

Seitdem es die »Stolpersteine« gibt, sind sie Ziel von Vandalismus. Wie groß ist das Problem? Eine Recherche

von Matthias Meisner  23.12.2024

Magdeburg

Terrorforscher Peter Neumann: Amokfahrer war vermutlich psychisch krank

»Er hatte Wahnvorstellungen und fühlte sich verfolgt«, so der Experte

 23.12.2024