Meinung

Zuckerberg, Neid und die Deutschen

Ingo Way Foto: Stephan Pramme

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Zuckerberg, Neid und die Deutschen

Der Vorwurf, jemand habe sich antisemitisch geäußert, ist eine Aufforderung zur Selbstkritik

von Ingo Way  14.12.2015 18:31 Uhr

Linksextreme verüben einen Anschlag auf die deutsche Facebook-Zentrale in Hamburg, in Karikaturen wird Facebook-Chef Mark Zuckerberg in unverkennbar antisemitischer Manier als (Daten-)Krake mit Hakennase dargestellt.

Viel Ressentiment ergießt sich über das soziale Netzwerk und dessen jüdischen Gründer. Als dieser kürzlich anlässlich der Geburt seiner Tochter verkündete, 99 Prozent seines Vermögens, insgesamt 45 Milliarden US-Dollar, einer gemeinnützigen Stiftung zukommen lassen zu wollen, hagelte es erneut Kritik. Damit wolle Zuckerberg sich lediglich noch größeren gesellschaftlichen Einfluss sichern, hieß es.

Götz aly Diese Kritik bezeichnete der Historiker Götz Aly als antisemitisch. Dabei wandte er die Kernthese seines Buches Warum die Deutschen? Warum die Juden?, der Antisemitismus der Deutschen beruhe vor allem auf Neid, auf die jüngste Zuckerberg-Kritik an. Deren hämische Wortwahl erinnere an Passagen aus Mein Kampf. Dabei nahm Aly neben anderen auch Autoren der FAZ und des »Spiegel« ins Visier.

Die Angegriffenen reagierten unterschiedlich. Während die FAZ recht eingeschnappt den Vorwurf zurückzugeben versuchte, indem sie Aly entgegenhielt, er würde Zuckerberg erst zum Juden machen, obwohl der doch Atheist sei – als gebe es keine jüdische Identität außer der religiösen –, setzte sich der »Spiegel«-Kolumnist Sascha Lobo differenziert mit Alys Kritik auseinander – um sie schließlich zurückzuweisen. Denn von Neid und Häme war in Lobos Text in der Tat keine Spur zu entdecken.

kritik Lobo räumte jedoch selbstkritisch ein: »Durch die dunkle Tradition und die heutige Größe des antisemitischen Diskurses im Bereich der Kapitalismuskritik muss man sehr vorsichtig sein, wenn man über einzelne Personen schreibt, die von der Öffentlichkeit als Juden betrachtet werden.« Lässt man diese Vorsicht aber walten, ist eigentlich nicht einzusehen, weshalb das Handeln eines Unternehmers wie Zuckerberg über jeglicher Kritik stehen sollte. Zumal noch niemand sagen kann, welchen Zwecken das Geld der Zuckerberg-Stiftung denn zugutekommen wird.

Sascha Lobo hat mit seiner Erwiderung jedenfalls zweierlei gezeigt: dass man auf den Vorwurf des Antisemitismus auch anders reagieren kann, als sich als Opfer einer vermeintlich allgegenwärtigen Antisemitismuskeule zu wähnen; und dass man einen unberechtigten Antisemitismusvorwurf auch erfolgreich ausräumen kann.

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