US-Präsident Donald Trump ist 73, drei seiner demokratischen Herausforderer ebenfalls 70 plus. Zu alt für den Top-Job im Weißen Haus? Auch wenn es heißt, das Alter sei zunächst nur eine Zahl und sage nichts über die tatsächliche Fitness aus, so durchzieht das Thema angesichts der geballten Lebenszeit der Anwärter den Wahlkampf doch stärker denn je.
Der älteste der Bewerber im Feld der Demokraten ist Senator Bernie Sanders aus Vermont. Der selbsterklärte demokratische Sozialist ist 77, feiert in der kommenden Woche seinen 78. Geburtstag. Die Wähler »müssen und werden die Kandidaten in ihrer Gesamtheit beurteilen«, betont er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. Dazu gehörten eben auch Erfahrung und bisherige Leistungen.
FIT Er dürfe von sich sagen, dass er sich guter Gesundheit erfreue, sagt Sanders. Und er habe viel Durchhaltevermögen. »Ich hätte mich nicht für diesen Job als Präsident der Vereinigten Staaten beworben, wenn ich nicht denken würde, dass ich völlig, zu 100 Prozent körperlich fähig bin, ihn zu machen«, erklärt er bei einem Wahlkampfauftritt in South Carolina.
Zwei Tage später in Iowa mischt Sanders höchstpersönlich in einem Softball-Spiel mit, das im Rahmen des Wahlkampfprogramms angesetzt war. Mitbewerberin Elizabeth Warren, die kürzlich 70 wurde, joggt derweil schon mal bei Wahlkampfveranstaltungen durch die Menge und zeigt in langen Stunden unter ihren Anhängern, wie fit sie ist. Die Senatorin aus Massachusetts jettet in wenigen Tagen von South Carolina nach Iowa, dann nach Minnesota und Kalifornien – ein Reiseplan, der auch jemanden mit halb so vielen Jahren auf dem Buckel ermüden könnte.
OBAMA Joe Biden, der Dritte im Bunde der demokratischen Übersiebzigjährigen, ist in dieser Zeitspanne in Massachusetts und Iowa unterwegs. Der 76-Jährige, der unter Barack Obama von 2009 bis 2017 Vizepräsident der USA war, verfüge über »eine exzellente körperliche Verfassung«, bescheinigt ihm sein Arzt Kevin O’Connor.
Anders als 1988, damals war es knapp für Biden: Er musste sich einem Eingriff unterziehen, um zwei Aneurysmen – Aussackungen von Blutgefäßen - im Gehirn unschädlich zu machen. Laut Arztberichten für seine Kandidatur um das Vizepräsidentenamt hatte er sich zehn Jahre später vollständig erholt und keine weiteren Probleme mehr damit gehabt.
Biden sei »mehr als imstande, die Härten des Wahlkampfs zu bewältigen«, bestätigt O’Connor. Damit trifft er für die Gerontologin Anne Newman den Nagel auf den Kopf. Wie Kandidatinnen und Kandidaten den aufreibenden Wahlkampf meistern, sei ein gutes Indiz für ihre Verfassung, meint die Direktorin des Zentrums für Altern und öffentliche Gesundheit an der University of Pittsburgh.
»Bei den meisten, die so ein hartes Programm absolvieren, ist es wahrscheinlich, dass sie mindestens noch fünf, wenn nicht gar zehn Jahre gesund sind«, sagt die Forscherin und stellt damit den Rufen nach unabhängigen Gesundheitschecks für die Präsidentschaftsbewerber eine Alternative entgegen. Nichtsdestotrotz könnten nach Newmans Ansicht auch solche Untersuchungen Prognosen für die geistige Fitness erlauben: »Ein gesünderes Herz beispielsweise überträgt sich auf ein gesünderes Gehirn«, sagt sie.
SCHLAF Ausgewogene Ernährung, Bewegung und ausreichend Schlaf können ihren Teil beitragen. Amtsinhaber Trump, der Fast Food liebt, nicht regelmäßig sportelt und nachts twittert, lässt sich davon nicht beeindrucken. Dennoch hat ihm der Arzt zu Jahresbeginn eine gute Gesundheit attestiert, wenngleich er ihm zum Abnehmen riet und die weitere Einnahme von Cholesterinsenkern anwies.
Das Fazit der Experten lautet, ein einfaches Vorhersagemuster gibt es nicht. Manche gingen mit 80 noch täglich zur Arbeit und erledigten alles, was zu tun sei, sagt Anne Newman. Es sei aber schwer, abzuschätzen, wer den Stress in Notlagen aushalten könne, denen sich Präsidenten auch um drei Uhr morgens stellen müssten.
Dass sich die Anwärter fürs Weiße Haus in ihre Gesundheitsakten schauen lassen müssen, ist gesetzlich ohnehin nicht vorgeschrieben. Die Forderungen nach unabhängigen Untersuchungen der Bewerber haben aber auch Experten ins Gespräch gebracht – allerdings für Präsidentschaftskandidaten allen Alters.
Der Stress im Oval Office verkürzt das Leben von Präsidenten nicht, war das Ergebnis einer Studie von 2011.
So mancher Amerikaner hat bei der Abstimmung über den nächsten Präsidenten oder die nächste Präsidentin durchaus die Zahl der Geburtstage im Blick. Ein Drittel der demokratischen Wähler erklärten in einer Umfrage der AP und des Sozialforschungsinstituts NORC vom Juni, eher für eine jüngere Person zu stimmen. Etwa jeder Vierte sagte, dass er sich eher gegen eine ältere Person entscheiden würde.
GRAU Der prominente Altersforscher S. Jay Olshansky von der University of Illinois in Chicago gibt zumindest Teilentwarnung. Der Stress im Oval Office verkürzt das Leben von Präsidenten nicht, war das Ergebnis einer Studie von 2011. Ausgehend von den ergrauenden Haaren Barack Obamas untersuchte Olshansky die Lebensdauer der Männer im Weißen Haus. Er fand heraus, dass 23 von 34 Präsidenten, die eines natürlichen Todes starben, über die durchschnittliche Lebenserwartung von – bei Amtsantritt – Gleichaltrigen hinaus lebten.
»Ich will das Altern nicht schönreden«, sagt Olshansky. Aber, so fügt er mit Blick auf die Bewerber hinzu: »Wie viele Jahre sie schon die Sonne umkreist haben, sollte kein Lackmustest für die Präsidentschaft sein.«