NSU

Zschäpe? Kein Thema!

Andrang zur Prozesseröffnung Foto: dpa

Eigentlich lieben Israelis gute Storys über Neonazis, besonders aus Deutschland. Aber der NSU-Prozess, der diese Woche in München begann, lockte in Israel keinen Hund hinter dem Ofen hervor. Das Thema fand fast keine Beachtung in einer Woche, in der die Regierung mit mehreren schicksalsträchtigen Entwicklungen beschäftigt ist.

Die angesehenen Tageszeitungen Haaretz und Maariv widmeten dem Prozessauftakt am Montag keine Zeile. Auch in der englischsprachigen Jerusalem Post Fehlanzeige. Im Massenblatt Yedioth Ahronoth erschien ein längerer Text über den »Untergrundprozess« von Deutschland-korrespondent Eldad Beck, mit Foto sogar – allerdings erst auf der vorletzten Seite, neben einem Artikel, der dem Leser verrät, dass Prinz William und Prinzessin Kate männlichen Nachwuchs erwarten.

In den einstündigen Abendnachrichten kam der Nationalsozialistische Untergrund auch nicht vor. Viel zu viel ist in den vergangenen Tagen passiert: Waffenkonvois wurden in Syrien angegriffen. Das Weiße Haus sagt, dass Israel das Recht hat, sich zu verteidigen, die arabische Welt verurteilt den Angriff und droht mit einem Gegenschlag. Premierminister Netanjahu brach dennoch zu einem wichtigen Besuch nach China auf.

Themen Aber obwohl er dort hauptsächlich über engere Handelsbeziehungen reden wollte, wurde »Bibi« in Peking von der Außenpolitik eingeholt, berichtete das Fernsehen. Das Hauptthema in den TV-Nachrichten allerdings waren die tiefgreifenden Haushaltskürzungen, die Finanzminister Yair Lapid der Bevölkerung verkaufen muss. Höhere Steuern, weniger Sozialleistungen, da kann auch ein Neonazi-Prozess nicht mithalten.

Doch es waren nicht nur die großen Themen, die dem Prozess gegen den NSU die Schau stahlen. Die Abendnachrichten berichteten ausgiebig über die anstehenden Israelbesuche des Musikers Cliff Richard. Noch länger sind die Beiträge über einen Journalisten, der dutzende Frauen sexuell belästigt haben soll, und darüber, dass es monatelange Wartezeiten in Krankenhäusern für Operationen gibt.

Auch einen Bericht über langsame Internetverbindungen hatte man untergebracht. Aber kein Wort über Beate Zschäpe und Co. Liegt es daran, dass der NSU keine Juden auf dem Gewissen hat?

Washington D.C.

Netanjahu berät über Verhandlungen der Hamas

Die Verhandlungen über die zweite Phase des Geisel-Deals hätte schon am Montag beginnen sollen

 04.02.2025

Kommentar

Hoffen wir, dass Donald Trump einen Plan hat

Der US-Präsident hätte nichts dagegen, wenn Israel Teile des Westjordanlands annektieren würde. Was will er damit bezwecken?

von Nils Kottmann  04.02.2025

Interview

»Es wäre zu schwer, um es weiterhin an meiner Jacke zu tragen«

Der Schoa-Überlebende Albrecht Weinberg möchte sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben - aus Protest gegenüber dem Antrag der Unionsfraktion zur Asylpolitik

von Christine Schmitt  04.02.2025

Kassel

Kunsthochschule zeigt Terror-verherrlichende Ausstellung

Die Hochschule bot einem Mann eine Plattform, der einen Hamas-Terroristen zum »Superhelden« erklärte. Jüdische Studenten sind entsetzt

von Imanuel Marcus  04.02.2025

Berlin

»Es gibt einen Judenhass, der uns alle tief beschämt und gegen den wir bisher viel zu zögerlich vorgegangen sind«

Wo bleibe der Aufstand der Anständigen bei dieser Ausprägung des Antisemitismus, fragt der CDU-Chef

 04.02.2025

Berlin

Merz schließt jede Zusammenarbeit mit AfD aus

Der CDU-Chef erneuert auf dem Wahlparteitag ein klares Versprechen

von Jörg Blank  04.02.2025

Meinung

Das erdrückende Schweigen der »Anständigen« beim Thema Antisemitismus

Hunderttausende demonstrieren gegen Rechtsextremismus und skandieren »Nie wieder ist jetzt«. Doch beim Antisemitismus sind sie erstaunlich still

von Ralf Balke  03.02.2025

TV-Kritik

»Diese ganze Holocaust-Anheftung an die AfD ist nervtötend«

AfD-Chefin Alice Weidel fiel bei »Caren Miosga« erneut mit fragwürdigen Aussagen zur NS-Zeit auf

von Michael Thaidigsmann  03.02.2025

Nach Interview-Eklat

»Schämen Sie sich!« - Ron Prosor kritisiert »Spiegel«

Der israelische Botschafter wirft dem Nachrichtenmagazin vor, es habe einem »von Selbsthass zerfressenen« Israeli die Bühne überlassen – und dies ausgerechnet am Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

von Imanuel Marcus  03.02.2025