Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, wirft Regierung und Opposition gleichermaßen Fehler im Umgang mit der AfD vor. Eine Lernkurve im Umgang mit der AfD sehe er nicht, »ganz im Gegenteil«, sagte Schuster »Welt« (online). Es gebe »unabhängig von der AfD derzeit eine Politik, die die Menschen verschreckt«, ergänzte er und kritisierte einen »maximal destruktiven« Schlagabtausch zwischen den Parteien.
Ängste Schuster verwies auf Ängste im Zusammenhang mit der Energiewende. Betroffen seien fast alle, Eigenheimbesitzer wie Mieter, »was natürlich Existenzängste auslöst, gerade vor dem Hintergrund der
Inflation, unter der die Leute jetzt schon leiden«. Von der Opposition seien auch keine klugen Alternativen aufgezeigt worden. »Und dann denken sich zu viele Wähler, jetzt geht alles den Bach runter, es spielt alles keine Rolle mehr, da kann ich auch gleich die AfD wählen«, sagte er.
Es sei wichtig, den Menschen zu zeigen, dass es bei all den Problemen keine wirklich existenziellen Bedrohungen gebe, erklärte Schuster. In diesem Punkt sollten Regierungsparteien und demokratische Opposition gemeinsame Wege finden. »Wir erleben derzeit einen Schlagabtausch zwischen den Parteien, der als maximal destruktiv erlebt wird - dem jeweils anderen wird ständig das Allerschlechteste unterstellt«, kritisierte Schuster.
Der Opposition könne es nicht mehr darum gehen, Maßnahmen der Regierung »auf Teufel komm raus zu kritisieren, sondern sie sollten kritisch konstruktiv begleitet werden«. Die Regierung wiederum »sollte sich im Umgang mit der demokratischen Opposition an parlamentarische Gepflogenheiten halten und nicht von oben herab regieren«, sagte Schuster.
Irrweg Der Zentralratspräsident äußerte sich auch zu der Diskussion um
die Äußerung von CDU-Chef Friedrich Merz über eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene. »Auf lokaler Ebene kann ein vernünftiger Vorschlag nicht nur deshalb abgelehnt werden, weil er von der AfD kommt«, sagte Schuster. Sich aber mit der AfD gutzustellen und mögliche Kooperationen vorzubereiten, »gar auf Stimmungslagen der AfD einzugehen, ist in meinen Augen der vollkommen falsche Weg«, sagte er. epd