Mit Aufrufen zur Wachsamkeit und zur Verteidigung der Demokratie ist am Dienstag in Berlin an die Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944 erinnert worden. Das zentrale Gedenken der obersten Verfassungsorgane fand in der Gedenkstätte Plötzensee statt.
Unter den Teilnehmern waren Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Sachsen-Anhalts Ministerpräsident und Bundesratsvorsitzender Reiner Haseloff (CDU) sowie Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Am Nachmittag fand zudem ein Gelöbnis von Bundeswehrrekruten statt. Gastredner war der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.
Am 20. Juli 1944 war der Sprengstoffanschlag einer Gruppe deutscher Offiziere um Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Adolf Hitler gescheitert. In den folgenden Stunden und Tagen wurden er und weitere rund 200 Mitwisser und Angehörige hingerichtet. Viele andere wurden verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.
Müller sagte bei der Gedenkfeier, das vor 77 Jahren gescheiterte Attentat sei zu Recht einer der wichtigsten Tage in der deutschen Geschichte. Mutige Frauen und Männer hätten ein Zeichen gegen Unmenschlichkeit gesetzt und für Werte gekämpft, die auch heute verteidigt werden müssten.
»Wir schauen heute mit tiefem Respekt auf die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944. Respekt bedeutet aber nicht, diese als Helden zu verehren.«
Zentralratspräsident Josef Schuster
Heil warnte vor falscher Vereinnahmung des deutschen Widerstands »durch ein bestimmtes politisches Milieu«, wie den Kritikern der Corona-Maßnahmen. »Das zeigt, wir müssen uns das Gedenken immer wieder aktiv und neu erschließen«, sagte Heil. Er erinnerte auch an den Arbeiterwiderstand, der früh von den Nazis brutal bekämpft worden sei, und an die zahlreichen im Widerstand aktiven Frauen.
ANDACHT Bereits am Vormittag gab es in der seit 1952 bestehenden Gedenkstätte eine ökumenische Andacht, die von Superintendent Carsten Bolz vom Evangelischen Kirchenkreis Charlottenburg-Wilmersdorf und dem Jesuiten-Pater Klaus Mertes gestaltet wurde. Eine weitere ökumenische Vesper fand am Vorabend statt.
In der Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand legten am Nachmittag rund 100 Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr im Beisein von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ihr Gelöbnis ab. Die Bundeswehr sieht sich in der Tradition der Hitler-Attentäter. Kramp-Karrenbauer betonte, der 20. Juli und der Widerstand gegen Hitler gehörten zur DNA der Bundeswehr. Gehorsam in der Bundeswehr stehe immer unter dem Vorbehalt des Gewissens.
Als erster Zentralratspräsident hatte 2001 Paul Spiegel (1937-2006) auf einem Bundeswehr-Gelöbnis gesprochen.
Zentralratspräsident Schuster sagte, trotz des damaligen Fehlschlags »schauen wir heute mit tiefem Respekt auf die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 und auf alle Frauen und Männer, die es damals wagten, sich gegen das verbrecherische NS-Regime zu erheben«. Respekt bedeute aber nicht, diese als Helden zu verehren.
MUT Respekt bedeute, ihr Handeln und ihren Mut anzuerkennen, so Schuster weiter. Nicht wenige von ihnen hätten sich erst von Hitlers Politik einfangen lassen, waren dann aber nicht mehr bereit, stillschweigend weiterzumachen und wegzusehen.
Auch Schuster ging auf die Corona-Kritiker ein und nannte es »infam und abstoßend, dass sich Bürger unseres Landes, die alle Vorzüge des Rechtsstaates genießen, erdreisten, den Widerstand gegen die Nationalsozialisten so zu instrumentalisieren«. Als erster Zentralratspräsident hatte 2001 Paul Spiegel (1937-2006) auf einem Bundeswehr-Gelöbnis gesprochen.