Debatte

Zentralrat der Juden kritisiert Urteil zu Roger Waters

Josef Schuster ist Präsident des Zentralrats der Juden Foto: picture alliance/dpa

Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters darf einer ersten Gerichtsentscheidung zufolge nun doch Ende Mai in der Frankfurter Festhalle auftreten. Das Konzert des 79 Jahre alten Sängers sollte wegen Antisemitismusvorwürfen zunächst abgesagt werden. Waters hatte gegen den Beschluss geklagt - und am Montag vom Frankfurter Verwaltungsgericht Recht bekommen.

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Kritik an der Entscheidung des Gerichts kommt vom Zentralrat der Juden in Deutschland. »Es ist unerklärlich, wie eine offenkundige Anlehnung an nationalsozialistische Symbolik keine juristischen Konsequenzen haben soll«, sagte Josef Schuster der Jüdischen Allgemeinen mit Bezug auf die Kostüme und das Bühnenbild, das Waters bei seinen Konzerten verwendet. »Volksverhetzung ist verfassungswidrig und niemals nur eine Geschmacklosigkeit«, so Schuster.

Auch die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main meldete sich zu Wort: »Das Verwaltungsgericht hat einen für uns nicht nachvollziehbaren Beschluss gefasst, indem es einem ausgewiesenen Antisemiten wortwörtlich eine Bühne in Frankfurt bietet«, verkündete der Gemeindevorstand in einer Pressemitteilung. »Der Antisemitismus von Roger Waters wird in der Erläuterung zum Verwaltungsgerichtsbeschluss als Meinung beschrieben, die es nunmehr zu akzeptieren gelte.« Man werde jedoch nicht tatenlos zusehen, »wie ein Judenhasser wie Roger Waters sein antisemitisches Gift verbreitet«.

pogromnacht Die Stadt Frankfurt und das Land Hessen wollten den Auftritt am 28. Mai in der Festhalle verhindern. Das hat auch mit dem Auftrittsort zu tun, denn nach der Pogromnacht 1938 waren dort laut dem Gericht mehr als 3000 jüdische Männer zusammengetrieben, festgehalten und misshandelt worden, um anschließend deportiert zu werden.

Das Verwaltungsgericht berief sich in seiner Entscheidung auch auf die Kunstfreiheit. Das Konzert verletze zudem nicht die Menschenwürde der in der Festhalle misshandelten jüdischen Männer und es lasse sich nicht zweifelsfrei eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Geltungs- und Achtungsanspruchs der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden feststellen, erklärte die Kammer.

»Volksverhetzung ist verfassungswidrig und niemals nur eine Geschmacklosigkeit.«

Zentralrat der juden in deutschland

Zwar bediene sich der Antragsteller - Roger Waters - im Rahmen seiner Bühnenshow offenkundig einer an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnten Symbolik. Gerade vor dem historischen Hintergrund der Festhalle möge die Bühnenshow daher als besonders geschmacklos zu bewerten sein. »Dies zu bewerten ist aber nicht Sache des Gerichts«, sagte eine Sprecherin.

Entscheidend sei allein, dass der Auftritt von Waters nicht die nationalsozialistische Gräueltaten verherrliche oder relativiere oder er sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziere. »Zudem haben wir keine Hinweise darauf, dass Rogers bei seiner Show Propagandamaterial verwendet«, so die Sprecherin.

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Stadt und Land sind gemeinsam Gesellschafter der Messe Frankfurt, die die Halle vermietet. In dieser Funktion haben sie die Messe angewiesen, den Vertrag mit dem Musiker zu kündigen. Waters reichte einen Eilantrag ein, um Zugang zur Halle zu bekommen. »Politiker haben kein Recht, Künstler und ihre Fans mit Auftrittsverboten einzuschüchtern und zu schikanieren«, hatte der Sänger in London den juristischen Schritt begründet. »Ich kämpfe für all unsere Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Redefreiheit.« Zudem erklärte er bereits zuvor, er sei nicht antisemitisch.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts können die Parteien noch Einspruch beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen. Auf der »Roger Waters - This is not a drill«-Tour gastiert der Künstler auch in München, Berlin, Hamburg und Köln. An den geplanten Auftritten gibt es seit Monaten Kritik.

Waters wird unter anderem kritisiert für seine Nähe zur antisemitischen BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen), die zum Boykott des Staates Israel und seiner Güter wegen der Palästina-Politik aufruft. Bei Konzerten ließ er Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen.

antisemitismus Bereits im März hatte die Stadt München entschieden, das Waters-Konzert in der dortigen Olympiahalle nicht zu verbieten. Es sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, den Vertrag mit dem Konzertveranstalter außerordentlich zu kündigen, hieß es damals dort. Stattdessen werde die Stadt rund um das Konzert Zeichen für Völkerverständigung, internationale Solidarität und gegen Antisemitismus setzen, ebenso für das Existenzrecht Israels und die Souveränität der Ukraine.

Bei Konzerten ließ Roger Waters Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen.

In Köln hatten sich mehrere Stadtrat-Fraktionen, die Synagogen-Gemeinde Köln sowie verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen gegen das Konzert ausgesprochen - der Veranstalter hält aber trotz des öffentlichen Protests daran fest. Die Stadt plant am Tag vor dem Konzert eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung, mit der sie »Stellung gegen Antisemitismus« beziehen will. Auch die Stadt Hamburg kann das in der Elbstadt geplante Konzert nach Angaben der Kulturbehörde nicht absagen, weil es nicht in städtischer Verantwortung stattfindet.

Auch Hessens Antisemitismusbeauftragter Uwe Becker (CDU) hatte die Absage des Frankfurter Konzerts gefordert. Waters habe sich in den zurückliegenden Jahren »immer mehr zu einem hasserfüllten Gegner des Staates Israel entwickelt«, sagte er schon im November 2022. Er nutze seine Bekanntheit, »um in diffamierender Weise gegen den jüdischen Staat zu hetzen und dessen Legitimation in Frage zu stellen«. Waters sei »ein schlimmes Beispiel für aggressiven, israelbezogenen Antisemitismus«.

Der Gießener Rechtswissenschaftler Maximilian Roth erklärte am Montag, dass die Entscheidung des Frankfurter Verwaltungsgerichts aus juristischer Sicht so zu erwarten war - gerade mit Blick auf die weit zu fassende Kunstfreiheit. Er gehe aber davon aus, dass Stadt und Land Einspruch einlegen werden. dpa/ja

Georg M. Hafner

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