Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat nach den Wahlerfolg der AfD in Thüringen und Sachsen in eindringlichen Worten vor der rechtsextremen Partei gewarnt.
»Deutschland taumelt. Können wir uns von diesem Treffer erholen?«, schrieb Schuster in einem Gastbeitrag für die »Bild«-Zeitung. »Unsere freie Gesellschaft darf nicht fallen, gerade im Angesicht des islamistischen Terrors. Ungeschminkte Wahrheiten – Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit – sind gefragt, keine populistischen Scheinantworten radikaler Parteien.«
In seinem Beitrag verglich er Deutschland nach dem Urnengang mit einem Boxer, der die Faust des Gegners »mit voller Wucht« abbekommen hat. »Die Zeit scheint für einen kurzen Augenblick stillzustehen«, so Schuster.
»Was passiert als nächstes? Geht der andere K.O., berappelt er sich, setzt er einen Konter?«, schreibt der Zentralratspräsident.
Schuster sieht einen »Wirkungstreffer historischer Dimension«. Denn in Thüringen ist die »rechtsextreme Höcke-AfD« stärkste Kraft geworden, während die selbsternannte Alternative in Sachsen nur an Ministerpräsidenten Kretschmer gescheitert sei – mit einem ähnlich guten Wahlergebnis.
»Immer mehr Menschen wählen die AfD aus politischer Überzeugung, einer durch Protest manifestierten rechtsextremen Ideologie«, so Schuster in »Bild«. »Ein populistisches BSW lässt noch vieles unbekannt, aber das was wir von dieser neuen Partei und seinem Spitzenpersonal wissen, lässt nichts Gutes erahnen.«
Schusters Fazit: Die Politik der Mitte müsse nun endlich Klartext sprechen. »Kontern wir endlich!«
Erstmals in der Nachkriegsgeschichte
Nach dem vorläufigen Ergebnis ist in Thüringen erstmals in der Nachkriegsgeschichte mit der AfD eine als rechtsextremistisch eingestufte Partei bei einer Landtagswahl stärkste Kraft geworden - mit 32,8 Prozent (2019: 23,4 Prozent). Die CDU mit Spitzenkandidat Mario Voigt landet bei 23,6 Prozent (21,7).
Aus dem Stand schafft das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) 15,8 Prozent - und hängt damit die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow ab, die nur noch auf 13,1 Prozent kommt (31,0). Starke Verluste verbuchen die Ampel-Parteien: Die SPD verzeichnet mit 6,1 Prozent (8,2) ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit Gründung der Bundesrepublik. Die Grünen scheiden mit 3,2 Prozent (5,2) aus dem Parlament aus, ebenso die FDP mit 1,1 Prozent (5,0).
Im Thüringer Landtag erhält die AfD demnach 32 Sitze (22). Die CDU kommt auf 23 Sitze (21), das BSW auf 15. Die Linke hat noch 12 Mandate (29). Die SPD stellt 6 Abgeordnete (8).
Rund 1,66 Millionen Menschen waren zur Abstimmung aufgerufen. Die Wahlbeteiligung liegt bei 73,6 Prozent und damit deutlich höher als 2019 - damals waren es 64,9 Prozent.
41 Sitze in Dresden
In Sachsen behauptet sich die CDU nach vorläufigen Ergebnissen mit 31,9 Prozent (2019: 32,1 Prozent) als führende Partei. Die AfD liegt knapp dahinter mit 30,6 Prozent (27,5). Das BSW, eine Abspaltung von der Linken, erreicht aus dem Stand 11,8 Prozent. Die SPD liegt bei 7,3 Prozent (7,7). Die Linke erreicht 4,5 Prozent - und kommt damit auf weniger als die Hälfte des Stimmenanteils von vor fünf Jahren (10,4). Sie erringt allerdings zwei Direktmandate in Leipzig und ist deswegen gemäß ihrem Zweitstimmenergebnis im Landtag vertreten, obwohl sie unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt.
Die Grünen ziehen mit 5,1 Prozent (8,6) erneut ins Parlament ein. Die FDP verpasst den Einzug - wie schon bei den vergangenen zwei Landtagswahlen.
Im sächsischen Landtag bekommt die AfD demnach 41 Sitze (38), die CDU 42 Mandate (45). Das BSW stellt 15 Abgeordnete. Die SPD erhält 9 Sitze (10), die Grünen kommen auf 6 Sitze (12), ebenso wie die Linke (14). Die Freien Wähler sind ebenfalls mit einem Abgeordneten im Parlament, der ein Direktmandat gewann. im (mit dpa)