NSU-Prozess

Zentralrat begrüßt klares Urteil gegen Zschäpe

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Thomas Lohnes/ZR

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat das Urteil im NSU-Prozess gegen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe begrüßt. »Damit hat der Rechtsstaat ein deutliches Signal gegen Rechtsextremismus gesetzt«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. »Für die Angehörigen der Mordopfer bleibt jedoch der Verlust. Ihnen gilt unser tiefes Mitgefühl.«

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, wurde am Mittwoch zu lebenslanger Haft verurteilt. Vor dem Münchner Oberlandesgericht wurde die 43-Jährige wegen Mordes in zehn Fällen schuldig gesprochen, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Zugleich stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest.

Aufmerksamkeit Nach dem Urteil forderte Josef Schuster, dass der Kampf gegen den rechtsextremistischen Terrorismus mit dem Ende des Prozesses nicht als erledigt betrachtet werden dürfe. »Das Umfeld des NSU liegt weiterhin im Dunkeln. Hier sind noch viele Fragen offen.« Der Zentralratspräsident wies zudem darauf hin, dass die rechtsextreme Szene stetig wachse und sich weiter radikalisiere. Hier sei höchste Aufmerksamkeit von Politik und Strafverfolgungsbehörden notwendig.

»Über die AfD«, so Schuster weiter, »haben nach Einschätzung von Beobachtern Teile der rechtsextremen Szene Zugang zu den Parlamenten und damit neue Möglichkeiten, unsere Demokratie auszuhöhlen. Diese Gefahr muss von der Bundesregierung ernster genommen werden, als es bisher der Fall ist.«

Schuster verwies auch auf das Verhalten der Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen zu den Mordfällen des NSU. »Die Angehörigen der Mordopfer wurden lange zu Unrecht verdächtigt und mussten extrem belastende Ermittlungen ertragen. Hier müssen sich die Sicherheitsbehörden selbstkritisch fragen, ob sie generell mit Minderheiten angemessen umgehen.«

Fragen Der Prozess habe zudem viele Fragen nicht beantwortet. Das habe sowohl am Schweigen der Angeklagten als auch an den Sicherheitsbehörden gelegen, die gemauert und vertuscht haben. »Weitere Aufklärung ist daher dringend notwendig. Einen Schlussstrich unter das Kapitel NSU darf es nicht geben«, betonte Schuster.

Mit dem Urteil gegen Beate Zschäpe ging der Münchner NSU-Prozess am Mittwochmorgen nach mehr als fünf Jahren zu Ende. Zschäpes Mitangeklagten Ralf Wohlleben, Holger G., André E. und Carsten S. wurden zu Haftstrafen verurteilt.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) begrüßte das Urteil. »Das Leid, was die Täter angerichtet haben, ist durch nichts wiedergutzumachen. Die Opfer bleiben unvergessen«, erklärte der frühere Justizminister am Mittwoch in Berlin.

Aufklärung Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland begrüßte das Urteil und forderte zugleich weitere Strafverfahren gegen das Unterstützernetzwerk der Rechtsterroristen. Das Ende des Münchner Prozesses dürfe keinesfalls den Schlussstrich der Aufklärung bedeuten, erklärte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu.

Die Amadeu Antonio Stiftung forderte nach dem Urteil im NSU-Prozess gegen mehrere Rechtsextremisten weitere Aufklärung über die Hintergründe der Taten. »So empfindlich die verhängten Strafen gegen die Angeklagten sind, so unbefriedigend ist der Ausgang des Verfahrens gegen den NSU«, erklärte Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane am Mittwoch in Berlin.

»Der Versuch eines juristischen Schlussstrichs darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir von Aufklärung noch weit entfernt sind.« Die offen gebliebenen Fragen schmerzten Betroffene und Angehörige. Das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach vollständiger Aufklärung sei nicht eingelöst worden, so Kahane.

Die rechtsextrem motivierte Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) war 2011 aufgedeckt worden. Den Taten fielen zwischen 2000 und 2007 nach Behördenerkenntnissen in acht Städten neun Menschen mit Migrationshintergrund und eine Polizistin zum Opfer. ja/epd

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Berlin

Vereinigung fordert Ausschluss der AfD bei Holocaust-Gedenken

Die demokratische Einladungspraxis, alle im Parlament vertretenen Parteien einzubeziehen, sei für die NS-Opfer und ihre Nachkommen und für viele demokratische Bürger nicht mehr tragbar

 14.01.2025

New York

46 Prozent aller Erwachsenen auf der Welt haben antisemitische Ansichten

Die Anti-Defamation League hat 58.000 Menschen in 103 Ländern befragt

 14.01.2025

NRW

NRW-Leitlinien für zeitgemäßes Bild des Judentums in der Schule

Mit Büchern gegen Antisemitismus: NRW-Bildungsministerin Feller hat zwölf Leitlinien für die Darstellung des Judentums in der Schule vorgestellt. Denn Bildungsmedien seien ein Schlüssel zur Vermittlung von Werten

von Raphael Schlimbach  14.01.2025

Faktencheck

Hitler war kein Kommunist

AfD-Chefin Weidel bezeichnet den nationalsozialistischen Diktator als »Kommunisten«. Diese These wird von wissenschaftlicher Seite abgelehnt

 14.01.2025

Berlin

Wegen Gaza-Krieg: Syrer beschädigt erneut Gebäude im Regierungsviertel

Erst das Innenministerium, dann der Amtssitz des Bundeskanzlers: Zweimal binnen weniger Tage fasst die Polizei in Berlin einen Mann, der wegen des Gaza-Kriegs wütet

 14.01.2025

Studie

Frauen und jüdischer Widerstand bei Schulnamen unterrepräsentiert

Welche Persönlichkeiten prägen die Namen deutscher Schulen? Eine Studie zeigt: Pädagogen spielen eine große Rolle. Frauen und Juden eher weniger

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

7. Oktober

Einigung auf Geisel-Deal zum Greifen nahe 

Ein Drei-Stufen-Plan sieht Medien zufolge die Freilassung von Geiseln sowie palästinensischen Häftlingen vor. Das Weiße Haus gibt sich optimistisch, dass bald ein Deal stehen könnte

von Julia Naue  13.01.2025 Aktualisiert