Starker Wind zerrte an Wolkenfeldern, die Sonne blitzte immer nur kurz auf, um gleich darauf wieder von Nieselregen abgelöst zu werden: Das Wetter kurz vor Beginn des Festakts, mit dem an die Übergabe des Denkmals für die ermordeten Juden Europas an die Öffentlichkeit erinnert wurde, war ein durchaus passendes Bild. Denn das Mahnmal blickt auf eine wechselvolle Geschichte mit teils heftigen Diskussionen zurück.
17 Jahre sollten vergehen, bis aus der Idee einer Bürgerinitiative jenes Denkmal wurde, das jährlich Millionen Besucher anzieht. Dass der Anstoß dafür aus der Zivilgesellschaft kam, ist für Bundestagspräsident Norbert Lammert bemerkenswert. »Das Denkmal entstand, weil Menschen ein persönliches Interesse daran hatten, an diese monströse Verirrung der Geschichte zu erinnern«, sagte Lammert in seiner Eröffnungsansprache.
Stelen Diese Erinnerung ist für die Holocaust-Überlebende Ingeburg Geißler auch deswegen so wichtig, weil die meisten Ermordeten kein eigenes Grab haben. In einer bewegenden Rede beschreibt sie, wie sie sich zwischen den 2711 Stelen fühlt: »Dann begleiten mich diese Toten, vor allem die 1,5 Millionen ermordeten Kinder.« In die Trauer mische sich aber auch Genugtuung für die Überlebenden.
Zu ihnen gehört Marian Turski, für den das Mahnmal eine Aufforderung beinhaltet: »Hier sollen die Menschen den Sinn des Kampfes gegen Rassismus, Antisemitismus, Gewalt, Hass und jede Form von Diskriminierung spüren und verstehen.«
Dieser Auftrag sei umso wichtiger, da gerade viele junge Menschen nicht mehr wissen, was Auschwitz eigentlich bedeutet: 30 Prozent könnten mit dem Begriff nichts anfangen, zitiert Lea Rosh, Mitinitiatorin des Mahnmals, eine Umfrage.
Umso wichtiger ist für Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, dass jeder junge Mensch in seiner schulischen Laufbahn einmal eine KZ-Gedenkstätte oder eben das Mahnmal besuche. Denn dieses, so Schuster, sei – bei aller Skepsis, die er zu Beginn gehabt hätte – »ein herausragendes, ein würdiges Denkmal, und es wird dem Gedenken gerecht«.