Herr Graumann, Sie haben den Bundespräsidenten nach Israel begleitet. Was war für Sie persönlich der Höhepunkt der Reise?
Das war unmittelbar nach der Ankunft in Jerusalem, als er mit mir zum Grab von Ignatz Bubis gefahren ist. Dies war ihm ein besonderes Bedürfnis. Und ich stand dort an der Seite des Bundespräsidenten, Hand in Hand, am Grab meines Mentors und politischen Lehrmeisters. Ein Moment, den ich bestimmt nicht vergessen werde.
Besondere Symbolkraft hatte der Besuch in Yad Vashem. Wie haben Sie den Bundespräsidenten dort erlebt?
Er war sichtlich bewegt und hat ins Gästebuch eingetragen, dass man niemals vergessen dürfe und gleichzeitig immer an Israels Seite stehen müsse. Ich glaube, das ist eine emotionale Aussage, aber durchaus auch eine politische Ansage.
Frühere Bundespräsidenten – beispielsweise Johannes Rau – hatten eine sehr enge Beziehung zum jüdischen Staat. Gilt das auch für Joachim Gauck?
Ich glaube schon. Er hat davon gesprochen, dass ihm der Besuch eine Herzensangelegenheit sei. Der Bundespräsident hat sogar in Yad Vashem Beifall von anderen Besuchern erhalten. Ich habe selten erlebt, dass ein deutscher Repräsentant in Israel so positiv empfangen wurde. Es ist schön, zu sehen, dass er uns würdig und glaubwürdig vertritt. Auch dies ist ein wichtiges Zeichen, dass sich vieles in eine gute Richtung bewegt.
Weniger gut ist die Richtung, in die eine aktuelle Umfrage weist, nach der das Ansehen Israels bei den Deutschen dramatisch gesunken ist. Kann der Besuch die Stimmung positiv beeinflussen?
Das wünsche ich mir sehr. Das Ergebnis der Umfrage stimmt mich natürlich auch traurig. Ich hoffe, der Bundespräsident kann dazu beitragen, das Bild zurechtzurücken. Aber Joachim Gauck ist ein Mensch, dessen Lebensthema die Freiheit ist. Und Israel ist die Oase der Freiheit in der Nahost-Region. Dieser Besuch ist auch eine Gelegenheit, zu vermitteln, dass uns in Deutschland sehr viel mit Israel verbindet – das Wissen von Freiheit sowie die Werte von Toleranz und Demokratie –, und dass das Gemeinsame zukünftig vielleicht stärker betont werden sollte.
Kurzfristig ins Programm aufgenommen hat der Bundespräsident eine Verabredung mit Überlebenden des Attentats auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Welcher Impuls geht davon aus?
Es ist ein gutes, ein richtiges Signal. Ich setze mich dafür ein, dass man bei den Olympischen Spielen in London eine Gedenkminute anlässlich des 40. Jahrestages des Attentates einlegen möge. Das IOC hat das bisher gefühlskalt und schroff abgelehnt. Bei dem Treffen hat der Bundespräsident betont, dass er die Kritik teilt. Er hat aber auch gesagt, dass er nicht viel tun könne, jedoch auf jeden Fall den IOC-Präsidenten fragen wolle, wie er zu seiner Entscheidung gekommen ist.
Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.