Interview

»Wir wollen uns weiter etablieren«

Sonja Guentner Foto: Gregor Zielke

Frau Guentner, die Union progressiver Juden hat einen neuen, relativ jungen Vorstand. Setzen Sie neue Akzente?
Dass es ein junger Vorstand ist, finde ich sehr gut, wir sind auch eine junge Bewegung. Zum ersten Mal ist es uns gelungen, junge Leute aus unserer eigenen Jugendarbeit in den Vorstand zu wählen. Sicher will ein Vorstand mit vielen neu gewählten Mitgliedern neue Akzente setzen. Ich muss allerdings auch sagen, dass die bisherige Richtung der Union mit meinen Auffassungen grundsätzlich übereinstimmt. Bei so positiver Entwicklung gibt es keinen Grund, etwas zu ändern um der Veränderung willen.

Welche Herausforderungen sehen Sie?
Neben der Integrationsarbeit, die aufgrund unserer so vielfältigen Gemeindezusammensetzung auch unterschiedlich entwickelt wurde, ist die größte Herausforderung die weitere institutionelle Etablierung des liberalen Judentums. Da sind unter meinem Amtsvorgänger Jan Mühlstein große Fortschritte gemacht worden. Doch viele Gemeinden sind noch immer nicht so ausgestattet, dass sie sich kontinuierlich entwickeln können. Ihnen fehlt nach wie vor die sichere Basis, in stabilen Strukturen weiterarbeiten zu können.

Sie meinen die finanzielle Ausstattung?
Ja, auch. Mir ist bewusst, dass dieser Prozess noch voll im Gange ist.

Und der dann auch zusammen mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland geregelt werden müsste?
Das wäre meine große Hoffnung.

Wie wichtig ist Ihnen generell die Zusammenarbeit mit dem Zentralrat?
Ich möchte schon bald zu einem persönlichen Gespräch mit Zentralratspräsident Dieter Graumann zusammenkommen. Es ist mir ausgesprochen wichtig, dass die Juden in Deutschland, ganz gleich welcher Richtung sie angehören, auch einen guten Kontakt untereinander haben. Als liberale Jüdin wünsche ich mir Respekt vor dem Pluralismus und das gemeinsame Gespräch.

Auch Herr Graumann wirbt für ein pluralistisches Judentum.
Mit meinem Kölner Background kenne ich die Schwierigkeiten, die die Etablierung unterschiedlicher religiöser Richtungen mit sich bringen kann. Aber ich hoffe, dass wir eine gute Arbeitsbasis finden werden, um weitere Fortschritte zu erzielen. Mir liegt viel daran, und ich hoffe, dass ich da beim Zentralrat auf offene Ohren stoße.

Wo möchten Sie das liberale Judentum im Jahr 2020 sehen?
Ich wünsche mir, dass es dann ein substanzieller Teil des jüdischen Lebens sein wird, selbstbewusst und offen gegenüber allen Richtungen. Außerdem ist mir sehr wichtig, dass wir auch mit anderen Religionsgemeinschaften sprechen und ein Teil des gesellschaftlichen Diskurses werden können. Ich glaube, dass das Potenzial zur Etablierung des liberalen Judentums bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist.

Mit der neuen Vorsitzenden der Union progressiver Juden sprach Heide Sobotka.

Antisemitismus

Polizei sucht nach Tatverdächtigem vom Holocaust-Mahnmal

Der Mann soll einen volksverhetzenden Text in das dortige Gästebuch geschrieben haben

 22.11.2024

Debatte

Theologen werfen Papst einseitige Sicht auf Nahost-Konflikt vor

Ein Schreiben von Papst Franziskus zum Nahost-Krieg enthalte einen »blinden Fleck im Denken«

 22.11.2024

Debatte

CDU-Ministerpräsident verurteilt Haftbefehl gegen Netanjahu

»Völlig ausgeschlossen, dass ein demokratisch gewählter Ministerpräsident aus Israel auf deutschem Boden verhaftet wird, weil er sein Land gegen Terroristen verteidigt«

 22.11.2024

CDU/CSU

Unionspolitiker: Verhaftung von Netanjahu auf deutschem Boden »unvorstellbar«

Die größte Oppositionsfraktion kritisiert die fehlende Haltung der Bundesregierung

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Internationaler Strafgerichtshof

»Halten uns an Recht und Gesetz«: Jetzt äußert sich die Bundesregierung

Außenministerin Annalena Baerbock will aber noch genauer prüfen, was der Entscheid des IStGH bedeutet

 22.11.2024

Budapest

Orbán: »Werde Netanjahu nach Ungarn einladen«

Regierungschef Viktor Orbán will seinen israelischen Amtskollegen trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes weiter empfangen

 22.11.2024

Atomprogramm

Iran kündigt Ausbau der Urananreicherung an

Der Atomstreit mit dem Iran geht in eine neue Runde

 22.11.2024

Kriminalität

»Schwachkopf«-Post zu Habeck: Jetzt melden sich die Ermittler zu Wort

Ein Mann soll Wirtschaftsminister Habeck im Netz beleidigt haben. Dass dann die Polizei zu Besuch kam, sorgte nicht nur im Umfeld des Vizekanzlers für Verwunderung. Die Ermittler liefern Erklärungen

von Frederick Mersi  21.11.2024