Am 21. August feiert sich Teheran als künftige Atommacht. An diesem Tag soll der 1000-Megawatt-Reaktor Buschehr eingeweiht werden. Wann der Meiler ans Netz gehen wird, weiß derzeit zwar noch niemand. Aber im Iran wird der Erfolg in Buschehr als Triumph über die internationalen Sanktionen gewertet. In Israel sieht man sich jetzt ganz nah am Point of no Return und in der Auffassung bestätigt, dass Iran in den Kreis der Atommächte aufrücken wird. Bisher setzten Jerusalem und der Westen auf unterschiedliche Strategien. Während in Israel kaum ein Tag vergeht, ohne dass Politiker oder Offiziere laut über militärische Möglichkeiten nachdenken, sei es im Alleingang oder zusammen mit den USA, befürwortete der Westen bisher nur Sanktio- nen, um den Ajatollahs das Nuklearprojekt auszutreiben.
A-Waffen Seit Monaten fordert Israel von Berlin, Brüssel oder Washington zwar Verständnis für einen Luftangriff. Aber ein militärisches Eingreifen war außerhalb Israels kein Thema – zumindest bis jüngst. Nicht ohne Genugtuung nehmen israelische Politiker jetzt aber zur Kenntnis, dass der Westen neuerdings die Gefahr einer iranischen A-Waffe ernst genug nimmt, um endlich militärische Einsatzpläne vorzubereiten. Standen die USA einem Waffengang bisher skeptisch gegenüber, finde derzeit in einflussreichen Kreisen Amerikas ein Umdenken statt, freut sich der Iran-Experte Ephraim Kam vom Institute for National Security Studies (INSS) in Tel Aviv. Er erwähnt zum Beispiel den ehemaligen CIA-Chef Michael Hayden, der in einem CNN-Interview einen Angriff als »nicht die schlechteste Option« bezeichnet hat. Oder den US-Generalstabschef Mike Mullen, der die militärische Option als »wichtige Option« einstuft. Sollte sich die Politik für einen Militärschlag entscheiden, wären die Pläne bereit, meint Mullen. Noch scheue die Regierung Obama die Risiken, die sie mit einem Angriff auf die iranischen Nuklearanlagen in Kauf nehmen müsste, so Mullen.
Deshalb setzt das israelische Militär weiterhin auf den Alleingang. Um die Schlagkraft der Luftwaffe zu verbessern, soll Israel in fünf Jahren die ersten Kampf-Jets F-35 erhalten. Gleichzeitig wird auch die aktuelle Kampfbereitschaft erhöht. So üben Hubschrauber der israelischen Luftwaffe neuerdings in Rumänien Langstreckeneinsätze für Operationen im Iran. Dass in Israel kaum ein Tag ohne Drohung an die Adresse von Teheran vergeht, das nukleare Projekt mit Gewalt zu unterbrechen, nehmen hingegen nicht alle Experten ernst. Als die Zahal nämlich im Jahre 1981 den irakischen Atomreaktor zer- bombte oder vor drei Jahren einen Luftangriff auf einen im Bau befindlichen syrischen Reaktor flog, war dies ohne Vorwarnung geschehen, sagt der Jerusalemer Militärwissenschafter Martin van Creveld. »Falls die Strategen in Jerusalem wirklich die Absicht hätten, den Iran respektive dessen Nuklearprojekt anzugreifen, würden sie nicht darüber sprechen. Das ist nicht die Art der Israelis.«