Der kurhessische Bischof Martin Hein setzt sich für einen Antisemitismusbeauftragten in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ein. Was in der Gesellschaft virulent sei, erreiche auch Kirchengemeinden, »also auch der wachsende Antisemitismus«, sagte Hein dem Evangelischen Pressedienst (epd). »Wir müssen vor der eigenen Haustür kehren!«
Die EKD will über den Vorschlag während der Ratssitzung im September beraten, wie eine Sprecherin am Dienstag in Hannover mitteilte. Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, begrüßte die Idee.
AUFKLÄRUNG Hein sagte, ein Antisemitismusbeauftragter solle »genau beobachten, was sich in den Gemeinden tut«. Ganz wichtig sei es auch, Aufklärungsarbeit zu leisten. »Und er beziehungsweise sie könnte mehr Begegnungsfelder schaffen«, sagte Hein mit Verweis auf Jugendgruppen. »Wir haben zu wenig im Blick, wie viele junge Menschen jüdischen Glaubens es bei uns gibt«, erklärte der 65-Jährige.
Die EKD-Sprecherin sagte, die EKD setze sich kontinuierlich mit Rechtsradikalismus und Rechtspopulismus auseinander. Dazu gehöre auch der Blick auf entsprechende Tendenzen in den eigenen Reihen, die systematisch untersucht werden sollten. Der Widerspruch gegen Judenhass sei aber nicht nur die Sache einiger weniger, sondern eine Verantwortung aller Christen, betonte die Sprecherin.
Der Beauftragte Klein unterstützte die Forderung nach einem Antisemitismusbeauftragten in der EKD. »Da der Kampf gegen den Antisemitismus eine äußerst komplexe Querschnittsaufgabe ist – auch innerhalb der EKD –, halte ich es für äußerst sinnvoll, hierfür eine zentrale Ansprechperson zu benennen«, sagte er.
BESCHLÜSSE Zwar habe die EKD seit 1945 gute und wegweisende Beschlüsse zur Rolle der Kirchen im Nationalsozialismus und zur Bekämpfung jeglicher Formen von Antisemitismus gefasst. »Gleichwohl stelle ich immer wieder fest, dass sich einzelne Stimmen innerhalb der Evangelischen Kirche äußerst problematisch und teilweise sogar offen antisemitisch äußern, meistens im Hinblick auf Israel«, sagte Klein und nannte als Beispiel die Diskussion über eine Rede des Greifswalder Bischofs Hans-Jürgen Abromeit.
Dieser hatte sich vergangene Woche in einem Vortrag kritisch über eine angebliche »Überidentifikation« deutscher Politiker mit dem Staat Israel geäußert. Daraufhin hatten Politiker ihm Antisemitismus vorgeworfen.
Bischof Hein sagte im Gespräch mit dem epd, das Existenzrecht Israels dürfe nicht angetastet werden. Es müsse zwar möglich sein, die israelische Politik gegenüber den Palästinensern zu kritisieren.
»Auf der anderen Seite darf das Existenzrecht des Staates Israels niemals infrage gestellt werden! Die evangelische Kirche ist gefragt, mehr Verständnis aufzubringen für einen Staat, der von Ländern mit ausgeprägter Israelfeindschaft umgeben ist«, sagte Hein, der Ende September nach 19 Jahren an der Spitze der Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck in den Ruhestand geht. Nähe zu palästinensischen Christen dürfe nicht dazu führen, die moralische Verpflichtung aufzugeben, sich für das Existenzrecht Israels einzusetzen, sagte er. epd