Im italienischen Assisi sind Ende September etwa 500 Vertreter aller wichtigen Religionen zusammengekommen, um über ein wichtiges Thema in dieser Zeit zu sprechen: den Frieden. Das Thema gehörte zu diesem Treffen, denn es ist die Aufgabe der Religion, Frieden zu stiften. Und so funktionierte der interreligiöse Dialog dort auch: Vertreter aller Religionen treffen sich mit Respekt und wollen gemeinsame Werte vermitteln. Wir glauben alle an einen Gott, an den Frieden und die Liebe. Wir sind alle Geschöpfe Gottes.
In der gemeinsamen Erklärung verurteilten die Teilnehmer Gewalt, die im Namen der Religionen, im Namen Gottes geschieht. Dies lässt einen in diesen Tagen an Gruppierungen wie den »Islamischen Staat« denken. Doch der Islam darf aus dem Dialog nicht ausgeschlossen werden. Auch das ist eine Lehre des Friedenstreffens. Ich traf dort einen Imam aus dem Irak, und unsere Ansichten zum Thema »Frieden und Gebet« waren sehr ähnlich.
missbrauch Jüngst erschien das Buch von Rabbiner Jonathan Sacks Not in God’s Name. Er beschreibt, wie Menschen immer wieder versucht haben, Gott zu instrumentalisieren. Und er zeigt auch, dass das nicht sein darf, dass es nichts mit Gott zu tun hat, sondern eben einen Missbrauch darstellt.
Beim Friedenstreffen von Assisi war auch Papst Franziskus anwesend. Das Oberhaupt der katholischen Kirche genießt hohe Anerkennung. Rabbiner David Brodman, ein Schoa-Überlebender, benutzte gar die Formulierung »Heiliger Vater«, denn Franziskus lebt Demut, und dies führt, wie Maimonides sagte, zur Heiligkeit.
So enthält das Friedenstreffen auch eine Botschaft für das neue Jahr. Wir glauben, dass an Rosch Haschana die ganze Welt gerichtet wird. Wir denken über unsere eigenen Taten nach. Wenn wir nicht lernen, auch in anderen Menschen und Religionen etwas Wertvolles zu entdecken, dann wird es schwierig mit dem Frieden.
Der Autor ist Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Osnabrück. In Münster und Osnabrück findet im kommenden Jahr das Friedenstreffen statt.