Die bisherige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD), hat ihre Meinung bekräftigt, dass Ostdeutschland ein großes Problem mit Rechtsextremismus hat. »Wenn man sich mit rechtextremistischen Gewalttaten auseinandersetzt, dann ist der Befund eindeutig«, sagte Gleicke in einem Interview mit der »Berliner Zeitung«. »In Ostdeutschland geschehen etwa 50 Prozent dieser Taten – bei einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von knapp 20 Prozent. Deshalb muss man ganz klar sagen: Wir haben da ein Problem.«
Die Thüringer SPD-Politikerin war seit Anfang 2014 Ostbeauftragte der Bundesregierung und hatte in dieser Funktion mehrfach auf das Problem von Rechtsextremismus und Rechtspopulismus in den neuen Bundesländern hingewiesen. Für eine Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung zu Ursachen des Rechtsextremismus in Ostdeutschland hatte sie 2017 heftige Kritik einstecken müssen. Mit der Vereidigung der neuen Bundesregierung am Mittwoch endete Gleickes Amtszeit. Ihr Nachfolger ist der Thüringer CDU-Politiker Christian Hirte.
Pegida Die SPD-Politikerin Gleicke betonte gegenüber der Zeitung, dass es nicht um »Ost-Bashing« gehe, sondern darum, Fakten und Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen. Was den Rechtspopulismus angehe, gelte der Befund: »›Pegida‹ tut Sachsen nicht gut.«
Zwar sei Teil der Realität, »dass die AfD auch bei den letzten Landtagswahlen in Baden-Württemberg deutlich zweistellig war«. Überdies müssten sich Flüchtlinge ihrerseits integrieren. »Doch Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und mangelnde Weltoffenheit schaden dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und der wirtschaftlichen Entwicklung gerade auch in Ostdeutschland, wo wir Fachkräfte, Investoren und Touristen brauchen. Dabei bleibe ich«, so Gleicke.
Die DDR-Gesellschaft sei »eine sehr abgeschottete Gesellschaft« gewesen, erinnerte Gleicke. Nach wie vor sei der Ausländeranteil im Osten sehr gering. Daraus resultierten Ängste. Und darüber müsse man reden. Dem neuen Ostbeauftragten Hirte wünschte Gleicke »Mut, sich bei Verteilungskämpfen durchzusetzen. Und eine glückliche Hand.« epd