Einspruch

Wie ein Mafia-Boss

Ralf Balke Foto: Marco Limberg

Seine Brutalität hat er noch nie verleugnet – im Gegenteil. »Ich habe ihn mit einer Kufiya erstickt, wir haben ein Loch ausgehoben und ihn vergraben«, erzählte Yahya Sinwar 1989 seinen Vernehmungsbeamten im Gefängnis ganz freimütig. Dort saß er 22 Jahre wegen seiner Beteiligung an der Ermordung zweier Israelis sowie vier vermeintlicher palästinensischer Kollaborateure.

Es waren nicht die einzigen Morde, die Sinwar begehen sollte. Die Zeit hinter Gittern nutzte er dazu, seinen ganz eigenen Politikstil zu entwickeln. Das bedeutete: Angst und Schrecken unter seinen Mitgefangenen zu verbreiten. Rasch nannte man ihn deshalb den »Emir«.

Diese Methoden setzte Sinwar nach seiner Freilassung fort. Wann immer jemand im Verdacht stand, mit Israel zusammenzuarbeiten, war er zur Stelle. Einer der prominentesten Fälle: der Mord an Mahmoud Ishtiwi, ein Kommandeur der Qassam-Brigaden, der der Homosexualität beschuldigt wurde. Sinwars Fähigkeit, potenzielle Gegner rücksichtslos aus dem Weg zu räumen, gleichzeitig aber diejenigen zu belohnen, die ihm persönlich bedingungslos ergeben sind, erinnert an den Film Der Pate.

2017 wurde Sinwar, der »Schlächter von Khan Yunis«, Anführer der Hamas im Gazastreifen.

Wie bei der Mafia setzt sich auch in der Hamas derjenige durch, der am wenigsten Skrupel hat. 2017 wurde Sinwar, der »Schlächter von Khan Yunis«, Anführer der Hamas im Gazastreifen. Am Dienstabend dann der nächste Karriere­sprung: Sinwar wird Nachfolger Ismail Haniyehs und damit oberster Hamas-Chef.

Ideologisch unterscheidet er sich wenig von seinem Vorgänger. Aber an Sinwars Händen klebt viel Blut – im wörtlichen Sinne. Zudem er hat eine weitere Fähigkeit, die an den Paten erinnert: Sinwar hat sich im Gefängnis intensiv mit der israelischen Gesellschaft beschäftigt. Wie ein Mafia-Boss kennt er die Schwächen seiner Gegner nicht nur bestens. Er hat auch keine Hemmungen, ein Maximum an Gewalt einzusetzen, wenn er sich einen Vorteil davon verspricht.

Der Autor ist Journalist und Historiker in Berlin.

Antisemitismus

Polizei sucht nach Tatverdächtigem vom Holocaust-Mahnmal

Der Mann soll einen volksverhetzenden Text in das dortige Gästebuch geschrieben haben

 22.11.2024

Debatte

Theologen werfen Papst einseitige Sicht auf Nahost-Konflikt vor

Ein Schreiben von Papst Franziskus zum Nahost-Krieg enthalte einen »blinden Fleck im Denken«

 22.11.2024

Debatte

CDU-Ministerpräsident verurteilt Haftbefehl gegen Netanjahu

»Völlig ausgeschlossen, dass ein demokratisch gewählter Ministerpräsident aus Israel auf deutschem Boden verhaftet wird, weil er sein Land gegen Terroristen verteidigt«

 22.11.2024

CDU/CSU

Unionspolitiker: Verhaftung von Netanjahu auf deutschem Boden »unvorstellbar«

Die größte Oppositionsfraktion kritisiert die fehlende Haltung der Bundesregierung

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Internationaler Strafgerichtshof

»Halten uns an Recht und Gesetz«: Jetzt äußert sich die Bundesregierung

Außenministerin Annalena Baerbock will aber noch genauer prüfen, was der Entscheid des IStGH bedeutet

 22.11.2024

Budapest

Orbán: »Werde Netanjahu nach Ungarn einladen«

Regierungschef Viktor Orbán will seinen israelischen Amtskollegen trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes weiter empfangen

 22.11.2024

Atomprogramm

Iran kündigt Ausbau der Urananreicherung an

Der Atomstreit mit dem Iran geht in eine neue Runde

 22.11.2024

Kriminalität

»Schwachkopf«-Post zu Habeck: Jetzt melden sich die Ermittler zu Wort

Ein Mann soll Wirtschaftsminister Habeck im Netz beleidigt haben. Dass dann die Polizei zu Besuch kam, sorgte nicht nur im Umfeld des Vizekanzlers für Verwunderung. Die Ermittler liefern Erklärungen

von Frederick Mersi  21.11.2024