Studie

Wie antisemitisch sind Berlins Straßennamen?

Gutachten sieht bei 290 Namen judenfeindliche Bezüge

 13.12.2021 16:02 Uhr Aktualisiert

Weitere Forschungen notwendig: Straßenschild Thomas-Mann-Straße in Berlin Foto: imago images/Future Image

Gutachten sieht bei 290 Namen judenfeindliche Bezüge

 13.12.2021 16:02 Uhr Aktualisiert

Laut einer neuen wissenschaftlichen Studie gibt es in Berlin 290 Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen. Der Studienautor Felix Sassmannshausen aus Leipzig empfahl daher am Montag in Berlin eine gesellschaftliche Debatte und in einer Vielzahl der Fälle auch eine Umbenennung.

Dazu gehörten bereits diskutierte Straßennamen wie die Treitschkestraße in Berlin-Steglitz und die Pacelliallee in Berlin-Dahlem, aber auch alle Martin-Luther-Straßen, die Otto-Dibelius-Straße in Charlottenburg oder der Pastor-Niemöller-Platz in Pankow.

In anderen Fällen wie der Thomas-Mann-Straße oder dem Adenauerplatz plädierte der Gutachter für weitere Forschungen und eine digitale Kontextualisierung. Bei Adenauer heißt es, es gebe Hinweise auf antisemitische Ressentiments im Denken des ersten deutschen Bundeskanzlers, er habe sich in seiner Regierung mit vielen ehemaligen NS-Funktionären umgeben und den Antisemitismus in der Gesellschaft bagatellisiert.

Für sein Gutachten im Auftrag des Berliner Antisemitismusbeauftragten Samuel Salzborn hat der Wissenschaftler zwischen Mai und Oktober alle Berliner Straßennamen überprüft. Die Fülle der Bezüge habe ihn dabei selbst erstaunt, sagte Sassmannshausen.

Dabei weise der Antisemitismus »unterschiedliche Intensitäten« auf. Salzborn sagte, »wir wollten eine systematische Grundlage für eine wichtige gesellschaftliche Diskussion schaffen«.

Straßennamen seien eine hohe Form der Ehrung. Berlin sei gut beraten, diese Ehrung immer wieder kritisch zu prüfen. epd

Lesen Sie mehr dazu in der nächsten Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Reaktionen

Augen auf Berlin

Wie man in Israel und der jüdischen Welt den Ausgang der Bundestagswahl bewertet

von Michael Thaidigsmann  05.03.2025

Debatte

Regierung distanziert sich von Gaza-Aussage des Beauftragten Klein

US-Präsident Trump hat mit Blick auf den Gazastreifen von einer Umsiedlung gesprochen. Der Antisemitismusbeauftragte Klein meint, es lohne sich, über die Pläne nachzudenken. Die Bundesregierung sieht das jedoch anders

 05.03.2025

Esther Rubins

Auf dem Juko wird gelacht und geweint

Der Jugendkongress fand dieses Jahr mit 400 jungen Jüdinnen und Juden in Hamburg statt. Dort herrschte eine ganz besondere Atmosphäre

von Esther Rubins  05.03.2025

Glosse

Juden machen stets Probleme

Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Donald Trump im Weißen Haus die Stirn geboten. Zuvor hatte er schon Ärger mit dem Kreml. Komisch, oder?

von Louis Lewitan  05.03.2025

Essay

Geplatzte Hoffnung

Die Ukraine muss sich wohl oder übel auf den Verlust ihres wichtigsten Verbündeten einstellen. Es geht um ihr Überleben

von Vyacheslav Likhachev  05.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

 05.03.2025

Bedroht

Letzte Bastionen

Einst gab es in Deutschland eine große israelsolidarische linksradikale Szene. Wo ist sie hin? Eine Spurensuche in Berlin und Leipzig

von Mascha Malburg  05.03.2025

Interview

»Trump hat Amerika als Führungskraft aus dem Spiel genommen«

Der grüne Europapolitiker Sergey Lagodinsky über die Folgen des Eklats zwischen dem US-Präsidenten und Ukraine-Präsident Selenskyj und die europäischen Verteidigungspläne

von Michael Thaidigsmann  05.03.2025

Nahost

Arabische Staaten suchen Unterstützer für Gaza-Aufbauplan

Kairo hat Pläne für die Zeit nach Beendigung des Konflikts - und will die USA mit ins Boot holen

 05.03.2025