Laut einer neuen wissenschaftlichen Studie gibt es in Berlin 290 Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen. Der Studienautor Felix Sassmannshausen aus Leipzig empfahl daher am Montag in Berlin eine gesellschaftliche Debatte und in einer Vielzahl der Fälle auch eine Umbenennung.
Dazu gehörten bereits diskutierte Straßennamen wie die Treitschkestraße in Berlin-Steglitz und die Pacelliallee in Berlin-Dahlem, aber auch alle Martin-Luther-Straßen, die Otto-Dibelius-Straße in Charlottenburg oder der Pastor-Niemöller-Platz in Pankow.
In anderen Fällen wie der Thomas-Mann-Straße oder dem Adenauerplatz plädierte der Gutachter für weitere Forschungen und eine digitale Kontextualisierung. Bei Adenauer heißt es, es gebe Hinweise auf antisemitische Ressentiments im Denken des ersten deutschen Bundeskanzlers, er habe sich in seiner Regierung mit vielen ehemaligen NS-Funktionären umgeben und den Antisemitismus in der Gesellschaft bagatellisiert.
Für sein Gutachten im Auftrag des Berliner Antisemitismusbeauftragten Samuel Salzborn hat der Wissenschaftler zwischen Mai und Oktober alle Berliner Straßennamen überprüft. Die Fülle der Bezüge habe ihn dabei selbst erstaunt, sagte Sassmannshausen.
Dabei weise der Antisemitismus »unterschiedliche Intensitäten« auf. Salzborn sagte, »wir wollten eine systematische Grundlage für eine wichtige gesellschaftliche Diskussion schaffen«.
Straßennamen seien eine hohe Form der Ehrung. Berlin sei gut beraten, diese Ehrung immer wieder kritisch zu prüfen. epd
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