Küsschen zur Begrüßung, Gruppenfoto mit Regierungschefs und Ministern, gemeinsamer Besuch des Holocaust-Mahnmals und eine Pressekonferenz im Kanzleramt: Das waren die Höhepunkte der ersten deutsch- israelischen Kabinettssitzung am Montag in Berlin. Benjamin Netanjahu nannte es einen »bewegenden Moment«, 65 Jahre nach dem Holocaust als Premierminister des Staates Israel gemeinsam mit seinem Kabinett in Berlin zu sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete es mit Blick auf die Vergangenheit als ein Glück, »dass wir heute mit einer israelischen Regierung so eng kooperieren können«. Sie betonte, dass es wegen Deutschlands historischer Verantwortung für Israel wichtig sei, in mehr als nur außen- und sicherheitspolitischen Fragen zusammenzuarbeiten. Vielmehr gelte es, die »gesamte Breite unserer bilateralen Beziehungen« zu entwickeln.
Regelmäßige Kabinettssitzungen führt die Bundesregierung nur mit sechs Ländern durch: Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Russland – und erst seit 2008 auch mit Israel. Das Treffen nach der ersten gemeinsamen Regierungssitzung in Israel sollte bereits Ende November in Deutschland stattfinden, musste jedoch wegen einer Erkrankung Netanjahus verschoben werden. Am Montag war er nun mit fünf Kabinettsmitgliedern, darunter Außenminister Avigdor Lieberman und Verteidigungsminister Ehud Barak, angereist. Bei den Konsultationen ging es um Wirtschafts-, Umwelt- und Forschungsfragen. Vereinbart wurden unter anderem ein Innovationstag für israelische Unternehmen in Deutschland, neue Projekte im Technologiebereich und Kooperationen zu den Themen Wasser und erneuerbare Energien.
Die Regierungschefs widmeten sich auch dem israelisch-palästinensischen Konflikt. Merkel betonte Deutschlands »elementares Interesse«, dass der Friedens- und Verhandlungsprozess im Nahen Osten wieder in Gang komme. »Wir glauben, dass die Gegebenheiten dafür da sind.« Netanjahu bekräftigte den Willen, diesen Prozess voranzutreiben: »Es ist wirklich an der Zeit, dass wir aufhören, über Friedensverhandlungen zu verhandeln.« Angesichts der nuklearen Bedrohung aus dem Iran verlangte der Premier harte internationale Sanktionen gegen ein Regime, das Terroristen fördere und »seine eigenen Leute« tyrannisiere. Er forderte entschlossenes Handeln und zitierte dabei den talmudischen Gelehrten Hillel: »Wenn nicht jetzt, wann dann?« Merkel kündigte an, dass die Bundesrepublik »an umfassenden Sanktionen mitarbeiten werde«, wenn sich »die Reaktionen« des Iran nicht änderten.
Das israelische Fernsehen berichtete in den Abendnachrichten von einer »historischen Sitzung«, bei der Netanjahu die Kanzlerin zu einem härteren Kurs gegen den Iran gedrängt habe. Und in der er erstmals öffentlich Stellung zu den Vorwürfen gegen seine Frau Sara bezog. Die Klage einer ehemaligen Haushaltsangestellten gegen die Frau des Premiers wegen Ausbeutung war Anlass für einen israelischen Journalisten, das Thema in der gemeinsamen Pressekonferenz anzusprechen. Netanjahu antwortete ausführlich, sprach von einer »ungezügelten Attacke« und bat seine politischen Gegner, seine Familie in Ruhe zu lassen: »Meine Frau Sara hat nichts mit Staatsangelegenheiten zu tun.«