Herr Pfarrer Sedlak, nachdem Sie in Ihren Gottesdiensten den Terror der Hamas verurteilt und sich für Solidarität mit Israel eingesetzt haben, sind Sie und Ihre Familie heftigen Drohungen ausgesetzt. Was genau ist in den letzten Monaten passiert?
Kurz nach dem 7. Oktober 2023 sprach ich in einer Predigt vor mehreren Hundert Zuhörern in der Langenauer Martinskirche den Terroranschlag der Hamas an. Auf grobe und lautstarke Weise hat mich ein Mann für mehrere Minuten unterbrochen. Er hat mir vorgeworfen, »Fake News« zu verbreiten. In der Folgezeit gab es mehrere Vorfälle um unser Wohnhaus, auf die ich zum Schutz meiner Familie und mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen nicht näher eingehen kann. Zudem wurden viele Sticker mit einschlägigen Parolen an unsere Kirche und unser Wohnumfeld geklebt. Darunter auch ein Aufkleber, der mich als »Zionist« und »Faschist« brandmarken sollte.
Medienberichten zufolge wird auch direkt vor Ihrer Kirche gegen Sie Stimmung gemacht …
Ja. Seit Karfreitag demonstrieren sonntags zwei oder mehr Personen mit großformatigen Plakaten vor der Martinskirche. Hier und auf einschlägigen Social-Media-Kanälen wurde ich unter anderem als »Nazi« verunglimpft. Auf einer Demonstration mit rund 100 Teilnehmern Anfang des Monats durch Langenau wurde skandiert, dass meine Kollegin und ich »Blut an den Händen« hätten. Jüngst wurden großflächige antisemitische Graffiti an unserer Martinskirche entdeckt.
Von wem gehen diese Drohungen aus?
Ob die Vorfälle alle auf denselben Täterkreis zurückgehen, kann ich nicht beurteilen. Bei den Sonntags-Protesten sind Parolen der israelfeindlichen Boykott-Bewegung BDS vorherrschend.
Die Behörden mussten eine Sicherheitsberatung bei Ihnen durchführen. Haben Sie Angst?
Ab und an: Ja.
Wie verändert das Ihr Leben?
Ich gehe nicht mehr unbefangen aus dem Haus. Wir sprechen uns in der Familie mehr ab als vorher. Wege, auf denen ich ungute Erlebnisse hatte, meide ich. Auf der anderen Seite möchte ich mich nicht wegducken. Ich sehe meine Aufgabe hier in Langenau und möchte standhalten. Wir werden weiter Rückgrat zeigen und nicht einknicken.
Wie groß ist die Unterstützung für Sie und Ihre Familie von Nachbarn oder anderen Bürgern der Stadt?
In der Kirchengemeinde und der Nachbarschaft gibt es großen Zusammenhalt. Die Menschen äußern Mitgefühl. Gemeindeglieder verstehen den Kirchenbesuch als Statement der Unterstützung und lassen sich davon nicht abhalten. Viele Mitbürger haben aber auch angesprochen, dass sie ein Klima der Angst und Einschüchterung verspüren.
Mit dem evangelischen Pfarrer aus Langenau in Baden-Württemberg sprach Philipp Peyman Engel.