Doch. Olympische Spiele können politische Entwicklungen vorwegnehmen. Ist man ein optimistischer Zeitgenosse, könnte man etwa vermuten, dass mit dem Antreten einer palästinensischen Mannschaft in Rio sich langsam eine Zweistaatenlösung, ein friedliches Nebeneinander, andeutet. Könnte man. Wenn da nicht die Probleme gleich mitgeliefert würden.
bedenken Zu erwartende Proteste arabischer Länder waren 44 Jahre lang der Grund, warum sich das Internationale Olympische Komitee geweigert hat, der elf Israelis zu gedenken, die bei den Spielen 1972 in München getötet wurden. Dabei waren diese Sportler doch Mitglieder der vielbeschworenen »Olympischen Familie«.
Nun, im Jahr 2016, verbuchen es die Angehörigen der Ermordeten als Erfolg, dass das IOC einen Erinnerungsstein für die Getöteten (und für andere, zu anderen Anlässen getötete Olympioniken auch) anbrachte und dass es eine Gedenkveranstaltung (freilich nicht auf olympischem Gelände) geben wird. Eine von den Angehörigen seit Jahrzehnten gewünschte und geforderte Schweigeminute bei der Eröffnungsfeier hat es auch in Rio nicht gegeben.
busse Doch. Es gibt Fortschritte im Gedenken, die wir nicht kleinreden sollten, die es aber auch nicht zu überhöhen gilt. Denn die Vorbehalte gegen israelische, gegen jüdische Sportler bei Olympia zeigen sich weiter: etwa in Gestalt des Chefs des libanesischen Olympiateams. Als die Busse bereit standen, mit denen die Sportler zur Eröffnungsfeier gebracht werden sollten, stellte der sich – erfolgreich! – in die Tür, damit Israelis nicht hineinkommen. »Es gab über 250 Busse. Warum wollten sie ausgerechnet mit uns fahren?« fragte er beifallheischend.
Weil Platz war, könnte man ihm antworten. Weil die Busse für alle Athleten da sind. Weil der Grundgedanke des Sports der ist, dass alle Menschen miteinander in Austausch treten.
Sport kann politische Entwicklungen vorwegnehmen: Er zeigt aber nicht nur, dass ein friedliches Miteinander prinzipiell möglich ist. Er zeigt leider auch, dass bis dahin so manche Bustür freizuräumen ist.