Kürzlich an einem Samstag auf CNN: Der hochrangige Hamas-Funktionär Osama Hamdan ist aus Katar zugeschaltet. Er wird vom Moderator gefragt, ob seine Terror-Armee einen Teil der Verantwortung für die toten Zivilisten im Gaza-Krieg übernehmen wolle. Der Hamas-Vertreter empört sich minutenlang, weicht aus, beschimpft Moderator und Sender und legt schließlich auf.
Die Frage zielte darauf ab, was eigentlich jeder weiß – auch wenn es schwer zu begreifen ist: Die Hamas ist ein fanatisch-religiöser Todeskult, der nicht nur das Blutvergießen des Feindes zelebriert, sondern auch das der eigenen Leute.
Die Terroristen haben am 7. Oktober nicht nur Israel einen Krieg aufgezwungen, sondern vor allem der eigenen Bevölkerung in Gaza. Sie verschanzen sich hinter Frauen und Kindern, die nicht kämpfen, und zwingen Israel so, trotz größter Verschonungsbemühungen Unschuldige in Mitleidenschaft zu ziehen.
»Revolutionärer Geist«
Anders als bei CNN stehen die Hamas-Leute in den eigenen Medien ganz offen zu dieser Strategie. »Das Blut der Frauen, Kinder und Alten: Wir sind diejenigen, die dieses Blut brauchen! Damit es in uns den revolutionären Geist und die Entschlossenheit weckt«, sagte der kürzlich in Teheran eliminierte Hamas-Chef Ismail Haniyeh Ende Oktober 2023 in einer TV-Ansprache.
Er selbst lebte diesen Blut-Kult vor: Als Israel im April drei seiner Söhne in Gaza tötete (und dabei auch mehrere Enkel starben), verbreitete Haniyeh ein Video des (angeblichen) Augenblicks, als er die Todesnachricht erfuhr. Seine Reaktion: Auf der Stelle dankte er Allah für das vollbrachte Opfer. Später verbreitete er Fotos davon, wie er das Märtyrertum mit der Mutter der Toten feierte. Im TV-Sender Al Jazeera erklärte er: »Durch das Blut der Märtyrer schaffen wir Hoffnung und Zukunft für unser Volk.«
Samstagabend, Berlin-Kreuzberg: Etwa 500 Leute auf einer »pro-palästinensischen« Demo, wie es in vielen Medien heißt. Eine Gruppe skandiert: »Hamas, Hamas!«, Gegenstände fliegen in die Richtung einer Handvoll Gegendemonstranten mit Israel-Flaggen. Ein Mann zeigt ein »Bring them home«-Plakat zur Erinnerung an die israelischen Geiseln in Gaza und wird ausgelacht.
»Fuck you, Israel«
Kollektiv schreit die Menge: »Fuck you, Israel«, danach: »Fuck you, Germany«. Sonntag, Tel Aviv: Während die USA mit Hochdruck zwischen Israel, dem Iran und arabischen Staaten vermitteln, um einen Waffenstillstand zu erreichen, der das Ende des Blutvergießens für die Gaza-Zivilisten bedeuten würde, detoniert in Tel Aviv eine Bombe.
Später wird klar: Ein Selbstmordattentäter aus dem Westjordanland hatte sich mit einem acht Kilogramm schweren Rucksack voller Sprengstoff in die Luft gesprengt – vorzeitig. Außer ihm starb niemand. Die Hamas beanspruchte die Tat für sich.
Sie weckt bei den Israelis die schreckliche Erinnerung an die 90er- und 2000er- Jahre, als sich palästinensische Terroristen zu Hunderten in Straßencafés, Diskotheken oder Bussen töteten und dabei weit über tausend Israelis ermordeten.
»Selbstzerstörerischer Hass«
Montag in Chicago, USA: Während die US-Demokraten auf ihrem Parteitag die Krönungsmesse für Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris feiern, demonstrieren vor der Tür abermals »Pro-Palästinenser«, die angeblich einen Waffenstillstand für Gaza fordern – genau jenen Waffenstillstand, den die Hamas am Vortag zu sabotieren versucht hatte. Ein älterer Mann hält ein Plakat hoch, das die Terrororganisation und den »bewaffneten Widerstand« offen anpreist.
Inwiefern dient es den Palästinensern, wenn ihre vorgeblichen Unterstützer sie darin bestärken, von sadistischen Mördern, Kindesentführern und Bombenbauern regiert zu werden und ihr Leben dem Kampf gegen Israel zu opfern? Nichts verdient weniger das Präfix »pro«, als wenn man andere Menschen dazu ermutigt, sich selbst umzubringen, könnte man meinen. Außer, der Selbstmörder bringt Juden um.
Es ist offensichtlich: Nicht nur für Israel, auch für die Palästinenser wäre es besser, sie würden ihren selbstzerstörerischen Hass ablegen und damit beginnen, sich ein normales – friedliches – Leben aufzubauen. So wie ihre arabischen Verwandten in Israel, die den jüdischen Staat vielleicht nicht immer lieben, das relativ bequeme Leben darin aber schon.
»Eiserne Hand«
Leider ist ein solcher Wandel derzeit nicht in Sicht. Jahrzehntelange Gehirnwäsche, der »Erfolg« der Terroranschläge vom 7. Oktober und wohl auch der schmerzhafte Krieg haben dafür gesorgt, dass eine Mehrheit der Palästinenser heute die Hamas unterstützt. Die Konkurrenz ist kaum besser.
Eine Bewegung, die einen realistischen Ausgleich mit Israel zum Ziel hätte, gibt es jedenfalls nicht ansatzweise. Nicht einmal Kritik an der Hamas bei »pro-palästinensischen« Demos im Westen ist zu vernehmen, obwohl die Demonstranten dort nichts zu fürchten hätten.
Es gibt aber Palästinenser, die sich an die Zeit erinnern, als sich Israelis wie auch Palästinenser frei zwischen Gaza und Israel bewegen konnten. Die genau wissen, dass sich mit dem Abzug der israelischen Armee (IDF) und dem Abbau der Siedlungen aus Gaza (2005) ihr Leben nur verschlechtert hat, bis hin zur heutigen Hölle. Sie können es nicht laut sagen, da die Hamas mit eiserner Hand regiert. Aber wäre es nicht viel pro-palästinensischer, diese Menschen zu unterstützen?
Der Autor ist Politikredakteur bei der »BILD«-Zeitung.