Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle will gesunde Hartz-IV-Empfänger unter Androhung von finanziellen Sanktionen zum Arbeiten verpflichten. Von derartigen Forderungen in der Hartz-IV-Debatte mag man halten, was man will: In der Nähe des Nationalsozialismus stehen sie nicht. Umso erstaunlicher, dass der Kabarettist Michael Lerchenberg vergangene Woche in seiner Münchner Nockherberg-Predigt, in der traditionell Politiker auf die Schippe genommen werden, Westerwelle unterstellte, in Ostdeutschland ein Lager bauen zu wollen, am Eingang ein eisernes Schild mit der Aufschrift »Leistung muss sich wieder lohnen«. Es ist richtig: Satire darf überspitzen. Doch auch sie hat Grenzen. Zwar ist Lerchenbergs Satz nicht justiziabel, doch gibt es gute Gründe, nicht alles auszusprechen, was erlaubt ist: moralische. Sich daran zu halten, hätte Lerchenberg nichts von seiner politischen Schärfe genommen. Er hätte die Politprominenz am Nockherberg auf etwas anderes aufmerksam machen können: Zum Beispiel darauf, dass die Summe der von Deutschen in der Schweiz hinterzogenen Steuern ungleich höher ist als die Kosten, die Hartz-IV-Empfänger dem Staat verursachen. Stattdessen, wieder einmal, ein unsäglicher Holocaust-Vergleich.
Der Autor ist derzeit Praktikant bei der Jüdischen Allgemeinen.