Sie heißen Ludmilla, Wladimir, Olga oder Boris. Jüdische Zuwanderer aus der untergegangenen Sowjetunion, die hofften, in Deutschland endlich ein unbeschwertes Leben führen zu können. Menschen, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs glaubten, die Bundesrepublik werde sich ihrer fürsorglich annehmen. Immerhin hatten sie ja nicht nur die Drangsalierungen des kommunistischen Systems überstanden, sondern auch den Holocaust.
Unwürdiger Zustand Aber statt eines Traums warteten auf Boris, Olga, Wladimir und Ludmilla die Niederungen des Alltags. Seit Jahren müssen sie von Sozialhilfe leben, etwas über 300 Euro im Monat. Eine Zumutung, nicht nur finanziell. Dieser unwürdige Zustand könnte allerdings auf Initiative Mecklenburg-Vorpommerns bald sein überfälliges Ende haben: Nach Willen des Bundesrats sollen jüdische Schoa-Überlebende aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion als NS-Verfolgte anerkannt werden und somit Rente erhalten. Es wäre das Ende eines peinlichen, unhaltbaren Zustands.
Na endlich, geht doch, möchte man da ausrufen. Aber die Worte wollen nicht so recht über die Lippen kommen. Viel zu lange mussten die russisch-jüdischen Nazi-Opfer auf dieses Minimum an Anerkennung warten. Vor allem: Noch ist keineswegs ausgemacht, ob die Bundesregierung bereit sein wird, die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Und wie werden sie konkret aussehen in Zeiten leerer Kassen? Wahrscheinlich entsteht wieder einmal ein bürokratisches Ungetüm aus abwegigen Antragsfristen und weltfremden Nachweisforderungen. Eine dem Leid der Menschen und ihrem Aler entsprechende Regelung? Wo kämen wir da hin! Hier geht es um das Geld des deutschen Steuerzahlers. Und der hat bereits reichlich »Wiedergutmachung« geleistet.
Diese Argumente werden gerne ins Feld geführt, um sich vor Selbstverständlichkeiten zu drücken. Doch an der Verantwortung für die Nazi-Gräuel können sie nicht rütteln. Deutschland ist den Opfern vieles schuldig. Zum Beispiel eine kleine Rente für Ludmilla, Wladimir, Olga und Boris.