Meinung

Warum die Ukraine das »Modell Israel« braucht

Im vergangenen Jahr war auf der Munich Cyber Security Conference auch der ehemalige estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves. Als ich ihn fragte, was denn für Deutschland die Lehren aus Russlands Krieg gegen die Ukraine seien, um künftige Fehler zu vermeiden, war seine Antwort klar: Das nächste Mal besser auf die Osteuropäer hören!

War es jetzt beim jüngsten NATO-Gipfel in Vilnius diesmal besser, auf Deutschland und die USA zu hören? Bundeskanzler Scholz und Präsident Biden erteilten dem ambitionierten Ziel der Ukraine, für die Zeit nach dem Krieg schnellstmöglich das 33. Mitglied des Verteidigungsbündnisses zu werden, vorerst eine Absage. Was für die einen weise und deeskalierend klingt, ist für diejenigen, die maximale Abschreckung gegenüber Russland fordern, ein fahrlässiger Schritt. Ein Schritt, der Putin falsche Anreize geben kann, den Krieg fortzuführen und die NATO-Ambitionen Kiews zu verhindern.

Mittelweg Vielleicht erweisen sich die in Vilnius beschlossenen Maßnahmen und Unterstützungsleistungen aber auch als der klügere sicherheitspolitische Mittelweg – denn er ermöglicht einen Spielraum in zwei Richtungen. Zum einen verschafft er Chancen für die Diplomatie, die derzeit noch von Russland verweigert wird, zum anderen ermöglicht er, Moskau weitere rote Linien aufzuzeigen.

Die Ukraine führt auch ein Freiheitskampf für Europa.

Der Westen wird nun an seiner Tatkraft gemessen, die Ukraine mit Waffen, finanziellen Mitteln und Know-how so auszustatten, dass eine rasche Entscheidung herbeigeführt werden kann. Da wäre unter anderem der neu beschlossene NATO-Ukraine-Rat, ein mehrjähriges Programm, das die ukrainische Armee künftig in der Zusammenarbeit mit NATO-Streitkräften interoperabel machen soll, und vor allem die von den G7-Staaten ausgesprochene Sicherheitsgarantie für die Ukraine nach dem Modell Israels. Jene seit 50 Jahren bestehende US-Garantie für Israel hat sich als mächtiger Hebel für den jüdischen Staat erwiesen, seine Souveränität in unruhiger Nachbarschaft zu verteidigen.

Meint es der Westen ernst, wird die Ukraine in Zukunft ein umfassendes Sicherheitspaket erhalten. Wenn die G7-Staaten Kiew in einem vergleichbaren Umfang unterstützen, wie Washington dies seit den 70er-Jahren gegenüber Israel tut, würde die Ukraine künftig von massiver finanzieller, militärischer, rüstungstechnologischer und außenpolitischer Hilfe profitieren. Doch das muss jetzt schnell passieren, um für die Ukraine eine schnelle Wende auf dem Schlachtfeld herbeizuführen. Das ist im Interesse der NATO, denn die Ukraine führt auch ein Freiheitskampf für Europa ist.

Qualität Bei der Militärhilfe für die Ukraine darf es jedoch nicht nur um Quantität gehen. Auch das lehrt das Modell Israel. Die Ukraine verdient wie Israel die modernsten und schlagkräftigsten Waffen, einschließlich der F-35, dem von der US-Firma Lockheed Martin entwickelten modernsten Kampfflugzeug der Welt. Der Jet verschafft einen Vorsprung in der Militärtechnologie, um sich gegen Aggressoren in der Nachbarschaft zu verteidigen und sie wirksam abzuschrecken.

Diese Komponente in der amerikanisch-israelischen Waffenbruderschaft, die QME genannt wird, »Qualitative Military Edge«, sollte dabei auch auf die Ukraine übertragen werden. Die Doktrin besagt, dass Israel auch qualitativ immer einen Vorsprung in der Militärtechnologie gegenüber den anderen Ländern im Nahen und Mittleren Osten haben soll. Nachdem von Russland auch chinesische und iranische Waffensystem gegen die Ukraine eingesetzt werden, wäre das ein zusätzliches Argument für den Westen, sicherheitstechnologisch und geostrategisch auf der Höhe zu bleiben.

Auf diese Weise kann der Westen in der Ukraine eine der modernsten und schlagkräftigsten Armeen der Welt schaffen, um den Aggressor Russland künftig davon abzuhalten, Europas Sicherheit weiter zu bedrohen. Dabei steht außer Frage, dass dies mit einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine belohnt wird – und das vielleicht schon beim nächsten Jubiläumsgipfel der NATO in Washington.

Der Autor ist Oberstleutnant der Reserve. Er war langjähriger Kommunikationschef der Münchner Sicherheitskonferenz und führt heute die Münchner Strategieberatung COMMVISORY.

Taleb A.

Was über den Attentäter von Magdeburg bekannt ist

Er galt den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Islamkritiker, kämpfte für Frauenrechte und arbeitete als Arzt. Aber es gab auch eine andere Seite

 23.12.2024

Polen

Staatssekretär: »Würden Netanjahu bei Teilnahme an Auschwitz-Gedenkfeier verhaften«

Eine Auschwitz-Überlebende bringt wegen der polnischen Haltung einen Boykott der Gedenkfeier ins Spiel

 23.12.2024

Umfrage

Vertrauen in den Zentralrat der Juden vergleichsweise hoch

Laut einer Forsa-Umfrage ist das Vertrauen in den Zentralrat der Juden in Deutschland in der Gesellschaft höher als das in die Kirchen

 23.12.2024

Extremismus

Terrorexperte Peter Neumann fordert neue Täter-Kategorie

Nach dem Anschlag von Magdeburg: In Deutschland werde über Terroristen in allzu starren Kategorien gedacht

 23.12.2024

Gastkommentar

Antisemitismus: Lücken im Strafrecht schließen!

Im Kampf gegen Judenhass darf es nicht bei rechtlich unverbindlichen Appellen bleiben

von Volker Beck  23.12.2024

Brandenburg

Bürgermeister Arne Raue: Wechsel zur AfD vollzogen

Damit gibt es einen weiteren hauptamtlichen Bürgermeister der Rechtsaußen-Partei in Deutschland

 23.12.2024

Orthodoxe Rabbinerkonferenz

Rabbiner warnen nach Magdeburger Anschlag vor Hass und Spaltung

Die orthodoxen Rabbiner in Deutschland drücken ihre Anteilnahme nach dem tödlichen Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt aus

 23.12.2024

Gedenken

Ein Stein stößt an

Seitdem es die »Stolpersteine« gibt, sind sie Ziel von Vandalismus. Wie groß ist das Problem? Eine Recherche

von Matthias Meisner  23.12.2024

Magdeburg

Terrorforscher Peter Neumann: Amokfahrer war vermutlich psychisch krank

»Er hatte Wahnvorstellungen und fühlte sich verfolgt«, so der Experte

 23.12.2024