»Sein Herz gehörte dem Führer.« Mit triefendem Pathos schloss Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt am 18. Oktober 1944 seine Trauerrede für Erwin Rommel. Beim Staatsakt für Adolf Hitlers »Lieblingsgeneral« im Ulmer Rathaus zog das NS-Regime in der Endphase des Zweiten Weltkriegs noch einmal alle Register der staatlichen Propaganda.
Sämtliche Truppen aus der Umgebung wurden in die Stadt abgeordnet. »Ein Musikkorps spielte unentwegt Trauermärsche, die die Tausenden, die gekommen waren, erschauern ließen«, schreibt Historiker Ralf Georg Reuth. Eine große Hakenkreuz-Fahne bedeckte Rommels Sarg, an dessen Seite Generale des Heeres die Ehrenwache hielten. Die Wochenschau zeigte die Bilder der Zeremonie im ganzen Land.
Ein Autounfall, der keiner war
Laut offizieller Darstellung erlag Rommel am 14. Oktober 1944 den Folgen eines Autounfalls. Die Wahrheit kam erst bei Kriegsende ans Licht - durch Rommels Sohn Manfred, dem späteren Oberbürgermeister von Stuttgart. Als 15-Jähriger hatte er mitansehen müssen, wie die Generäle Wilhelm Burgdorf und Ernst Maisel vor dem Haus der Familie in Herrlingen vorfuhren. Ihr Auftrag: Rommel, dem eine Mitwisserschaft an dem gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli vorgeworfen wurde, mittels Giftampulle zum Suizid zu nötigen.
»Wir begleiteten ihn bis zum Wagen«, erinnerte sich Manfred Rommel, »wo ihn die Generale mit ›Heil Hitler‹ begrüßten. Mein Vater stieg als erster ein und nahm im Rücksitz Platz.« Der kleine Opel fuhr Richtung Blaubeuren, stoppte aber bereits rund zweihundert Meter hinter Herrlingen.
»General Maisel ging mit mir weg, noch ein Stück höher den Weg hinauf«, berichtete der Fahrer des Wagens später. Wenige Minuten darauf seien sie zurückgekehrt. »Ich sah Rommel hinten im Wagen sitzen, offenbar im Sterben. Besinnungslos, in sich zusammengesunken, schluchzend, nicht röchelnd oder stöhnend.«
Ein Leben als Soldat
Im Verborgenen endete das Leben jenes Mannes, den Hitler zu dessen Ableben noch einmal für seine »hervorragende Tapferkeit und unerschrockenes Draufgängertum« lobte. Bereits im Ersten Weltkrieg hatte der am 15. November 1891 im schwäbischen Heidenheim geborene Rommel für Furore gesorgt - und für seinen Einsatz an der norditalienischen Isonzo-Front den Orden Pour le merite erhalten.
Während der Weimarer Republik blieb Rommel Soldat. Als Militär blickte er auf die Welt, von Adolf Hitler erhoffte sich der aufstrebende Offizier vor allem eine Modernisierung der Truppe. Sein Verhältnis zur menschenverachtenden Ideologie des Nationalsozialismus blieb dagegen über weite Strecken »erschreckend naiv«, so Historiker Reuth.
Noch 1943 soll er dem »Führer« vorgeschlagen haben, einen Juden zum Gauleiter zu ernennen, um das Ansehen Deutschlands zu verbessern. »Mein lieber Rommel, Sie haben nichts von dem verstanden, was ich will«, lautete die Antwort Hitlers.
Enorme Geländegewinne
Der »Mythos Rommel« nährte sich vor allem aus den Erfolgen des Heerführers in Afrika. Unter seiner Führung wollte das Deutsche Afrikakorps ab 1941 die Briten aus Ägypten vertreiben. Schnelle Vorstöße brachten zunächst enorme Geländegewinne. Endgültig wurde der schneidige General zu einem Lieblingsobjekt der deutschen Propaganda - während die Gegner die taktischen Leistungen des »Wüstenfuchses« überhöhten, um von den eigenen Niederlagen abzulenken. »Zählt denn etwas anderes, als ihn zu schlagen?«, fragte der britische Premier Winston Churchill.
Die Stunde der Alliierten schlug im Herbst 1942 in El-Alamein. Für den zuvor noch zum Generalfeldmarschall beförderten Rommel ging es nach den Niederlagen in Afrika weiter an die Westfront. Spätestens in der Normandie dämmerte ihm, dass Hitlers Kurs zum Scheitern verurteilt war. »Die Truppe kämpft allerorts heldenmütig, jedoch der ungleiche Kampf neigt dem Ende entgegen«, legte er am 15. Juli 1944 in einer Denkschrift dar.
Ob er vor diesem Hintergrund tatsächlich engere Kontakte zum Widerstand hatte, bietet auch 80 Jahren nach Rommels Tod Stoff für Diskussionen. Von den Attentatsplänen der Gruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg habe er wohl nichts gewusst, so Historiker Winfried Heinemann. Mit seinem Suizid gelang es Rommel laut Georg Reuth, seine Familie vor Verfolgung und Sippenhaft zu bewahren.