Es hat nicht lange gedauert, bis die Welle der Gewalt, die ein islamfeindliches Schmähvideo aus den USA ausgelöst hat, auch Israel erreicht hat. Weil es scheinbar so naheliegt, hat sich auch die salafistische Terrororganisation Ansar Beit al Maqdis (»Die Freunde Jerusalems«), eine Tochterorganisation des Terrornetzwerks Al Qaida, auf das mittlerweile berühmte Video bezogen, als sie jüngst im Sinai israelische Soldaten angriff: Eine Gruppe afrikanischer Migranten hatte am vergangenen Freitag versucht, nach Israel einzudringen und wurde dabei von Zahal-Soldaten aufgehalten.
Nach wochenlangen Wanderungen durch den Sinai waren die Migranten ausgemergelt und durstig. Drei islamistische Terroristen beobachteten aus dem Hinterhalt die Szene. Als die arglosen Soldaten ihre Deckung verließen, um den Migranten Wasser zu geben, eröffneten die Terroristen das Feuer. Der israelische Soldat Netanel Yahalomi stürmte mit erhobener Waffe auf die Angreifer los. Insgesamt 23 Kugeln schoss er auf sie ab, ehe er tödlich getroffen wurde. Ein weiterer Soldat wurde verletzt. In Schusswechseln wurden die drei Angreifer getötet.
In ihrem Bekennerschreiben für diesen Anschlag aus dem Hinterhalt schreibt Ansar Beit al Maqdis, es sei das Anti-Islam-Video gewesen, das den Mord rechtfertige: »Es ist eine unserer Aufgaben und Pflichten, die Ehre des Gesandten Allahs zu verteidigen. Deswegen griffen eure Brüder zu den Waffen, entschlossen, die Juden für ihre schandhafte Tat zu disziplinieren.« Israels Feinde geben sich derzeit alle Mühe, die Stimmung gegen den Judenstaat anzuheizen. Selbst der Videoproduzent versuchte, die Wut der Muslime auf Israel zu lenken: Nakoula Basseley Nakoula, ein 55 Jahre alter ägyptischer Kopte, gab sich bei Nachrichtenagenturen als »israelischer Jude« namens Sam Bacil aus. Das Geld für den Film habe er von 100 jüdischen Spendern erhalten, behauptete er.
teheran Irans Staatsführung nahm das sofort auf: Präsident Mahmud Ahmadinedschad nannte den Film ein »Komplott, um die Muslime zu spalten und ethnischen Konflikt zu säen«, ganz im Sinne der Protokolle der Weisen von Zion. Irans höchster Führer, Ayatollah Ali Khamenei, erklärte, das Video sei Resultat »islamophober Strategien hochmütiger Mächte und der Zionisten«.
Besonders bedrohlich gab sich der libanesische Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah. Bei einer Rede vor Zehntausenden Anhängern, die in Beirut gegen das Video aus Amerika demonstrierten, warnte er: »Die Welt sollte wissen, dass unsere Wut kein vorübergehendes Phänomen ist, sondern der Beginn einer ernsthaften Bewegung der muslimischen Nation, die Gottes Prophet verteidigt.« Sollten die USA den ganzen Film ins Internet stellen, dann drohten, so Nasrallah, »sehr, sehr gefährliche Konsequenzen«. Ungefährlich ist die Drohung nicht; die Hisbollah verfügt über 70.000 Raketen, und ihre Terrorzellen operieren weltweit. Ähnliche Drohungen wurden auch gegen Deutschland ausgestoßen.
Auch in Israel warnten Muslime vor Gewaltakten, falls der Staat nichts gegen das Video unternehme. Der Knesset-Abgeordnete Taleb Al Sanaa wollte sogar gerichtlich Google Israel zwingen, den Zugang zu den Videoausschnitten unverzüglich zu sperren. Richterin Miriam Misrahi lehnte Sanaas Forderung ab und vertagte das Urteil auf den 15. Oktober. Sanaa schimpfte im Gerichtssaal: »Sie zwingen Leute, auf die Straße zu gehen und gewaltsam zu demonstrieren.«
Die martialische Drohung hat sich aber schnell als hohle Phrase herausgestellt: In Tel Aviv demonstrierten gerade einmal 60 Muslime vor der US-Botschaft, und selbst im Gazastreifen und im Westjordanland nahmen nur wenige Hundert an überwiegend friedlichen Protesten teil.
beleidigt Die angeblich durch das Video schwer beleidigte und zur Gewalt verführte Terrorgruppe Ansar Beit al Maqdis bekannte sich – sogar im selben Bekennerschreiben – zum Abschuss von Raketen auf Eilat vor wenigen Wochen. Das war vor der Veröffentlichung des Videos.
Hisbollah-Führer Nasrallah verfolgt mit seinen Reden offensichtlich innenpolitische Ziele. Nachdem sein Image im Libanon und der arabischen Welt wegen seiner bedingungslosen Unterstützung für Syriens Diktator Baschar al-Assad großen Schaden erlitten hat, versucht er sich als Fürsprecher des Propheten. Dem Medienrummel zum Trotz ist es Israels Gegnern in der Region bisher nicht gelungen, die Wut über das amerikanische Video auf den Judenstaat zu lenken. Bislang verlief ihre Kampagne im Sand.