Ursula von der Leyen will den Schutz von Minderheiten in der Europäischen Union stärken. In ihrer Rede zur Lage der Union machte die Kommissionspräsidentin weitreichende Vorschläge zum Kampf gegen Hassrede und Rassismus. Die Bekämpfung des Rassismus sei »nicht nur eine Option [der EU], sondern eine Pflicht«, sagte von der Leyen vor dem Europäischen Parlament in Brüssel. Man müsse jetzt vom Verurteilen zum Handeln übergehen. Die Kommission werde in Kürze einen Aktionsplan dazu vorlegen.
ANTISEMITISMUS »Wir wollen die Liste der EU-Straftatbestände auf alle Formen von Hassverbrechen und Hassreden ausweiten – sei es in Bezug auf Rasse, Religion, Geschlecht oder Sexualität«, so die Kommissionspräsidentin, die seit einem Jahr im Amt ist. Von der Leyen zitierte den kürzlich verstorbenen nordirischen Friedensnobelpreisträger John Hume mit den Worten: »Die Visionäre in Europa sind zu der Einsicht gelangt, dass Unterschiede keine Bedrohung, sondern ganz natürlich sind. Unterschiede sind im Wesen der Menschheit begründet.«
Kritisch äußerte sich sie auch zum jährlichen Straßenkarneval im belgischen Aalst, in dem im Frühjahr zum zweiten Mal in Folge antisemitische Motive gezeigt wurden. »Wir fragen uns, wo dieses Wesen der Menschheit ist, wenn unter dem Deckmantel des Karnevals offener Antisemitismus zur Schau getragen wird.«
Auch die Diskriminierung der Minderheit der Roma sprach sie an – und kündigte an, es werde künftig einen Rassismus-Beauftragten der Kommission geben. »Wir werden gegen unbewusste Vorurteile angehen, bei Menschen, Behörden, ja sogar Algorithmen,« so von der Leyen. Auch für sogenannte LGBTQI-freie Zonen sei in der EU kein Platz, betonte sie.
DIGITALE IDENTITÄT Die EU-Kommission will außerdem eine »sichere europäische digitale Identität« vorschlagen. Diese Technologie sollten die Bürger nutzen können, um alles Mögliche zu tun, »vom Steuerzahlen bis zum Fahrradmieten«, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch bei ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union im Europaparlament in Brüssel. Jeder Nutzer solle selbst kontrollieren können, welche Daten ausgetauscht und wie diese verwendet würden.
Es handelt sich nach von der Leyens Worten um eine Alternative zu bisherigen digitalen Identitäten im Internet. »Jedes Mal, wenn eine Website uns auffordert, eine neue digitale Identität zu erstellen oder uns bequem über eine große Plattform anzumelden, haben wir in Wirklichkeit keine Ahnung, was eigentlich mit unseren Daten passiert - und das muss aufhören.«
In der Rede zur Lage der Union legte von der Leyen Rechenschaft über ihre bisherige Arbeit ab und stellte die wichtigsten politischen Vorhaben für die kommenden Monate vor. Die programmatische Rede des Kommissionschefs gibt es seit 2010. mth/epd