Nordrhein-Westfalen hat nach dem vergangenen Wahlsonntag wieder eine rot-grüne Regierung. Jetzt aber eine stabile, mit eigener Mehrheit. Das macht es der bisherigen und zukünftigen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sicherlich leichter, gemeinsam mit ihrem grünen Koalitionspartner zu regieren und zu gestalten. Stabile Regierungsbündnisse sind aktuell im nationalen wie internationalen Kontext wichtiger denn je.
perspektiven Und was bedeutet dieses Wahlergebnis nun für die jüdische Gemeinschaft in Nordrhein-Westfalen, immerhin die größte der Bundesrepublik? Sie darf sich Hoffnung machen, wieder verstärkt Gehör bei der Landesregierung zu finden. Schließlich stehen Verhandlungen über den Staatsvertrag zwischen der Landesregierung und den jüdischen Landesverbänden an. Der Wahlkampf hat gezeigt, dass man sich gegen neue Formen von Rechtsextremismus und Fundamentalismus aufstellen muss. Und auch nicht zu vernachlässigen ist die Frage nach den Perspektiven der jüdischen Gemeinden. Die Zuwanderung hat zwar längst aufgehört, aber das Zusammenwachsen bedarf wohl noch Zeit und Anstrengungen.
In den vergangenen beiden Jahren konnte der Eindruck gewonnen werden, dass die jüdische Stimme in NRW nicht mehr das Gehör gefunden hat wie noch unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung. Da wurden offenbar die Prioritäten zu anderen Zielgruppen hin verlagert. Das ist durchaus legitim, jede Regierung setzt ihre eigenen Schwerpunkte. Bedauerlich bleibt es dennoch.
Zum einen, weil insbesondere die jüdischen Gemeinden beim Thema Integration hohe Erfahrungswerte haben, die für andere von großem Nutzen sein dürften. Zum anderen, weil sich gerade NRW immer für seine jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stark gemacht hat, angefangen beim sogenannten Landesvater Johannes Rau. Es stünde der gestärkten Landesmutter Hannelore Kraft gut zu Gesicht, diese jahrzehntelange verlässliche Partnerschaft wieder stärker aufleben zu lassen. Sie weiß seit vergangenem Sonntag am besten, wie positiv sich Stabilität auswirken kann.
Der Autor ist Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg und kandidiert in seiner Stadt für das Amt des Oberbürgermeisters.