Aus deutscher Sicht ist »das Kapitel München abgeschlossen«. So äußerte sich im Oktober 1972, nicht einmal zwei Monate nach dem Terroranschlag auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen, der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Paul Frank, gegenüber dem Botschafter Libyens. Die Dokumente wurden nun vom Magazin »Spiegel« veröffentlicht.
Frank sprach über die Entführung eines Lufhansa-Flugzeugs durch ein PLO-Kommando. Dadurch wurden die drei Terroristen aus bayerischen Gefängnissen freigepresst, die nach dem Olympiaattentat in Fürstenfeldbruck festgenommen worden waren. Schon 2006 hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung vermutet, dass der Bundesregierung die Entführung »gelegen« gekommen sei, es spreche sogar manches dafür, »dass deutsche Stellen von der Entführung der Lufthansa-Maschine nicht überrascht wurden«.
behörden Heute, 40 Jahre nach dem Massaker im Olympischen Dorf von München und auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck, bei dem elf Israelis und ein Polizist getötet wurden, tauchen immer mehr Informationen auf, die das Verhalten deutscher Behörden dokumentieren: vom dilettantischen Versagen bei der Geiselbefreiung bis zum Versuch, politischen Nutzen aus der Mordtat zu ziehen. »Sicher ist, dass das Bundeskriminalamt mit der PLO kooperierte«, fasst der Spiegel die Akten zusammen, die er jetzt auswerten konnte.
hintermänner So boten Mitarbeiter der deutschen Botschaft im Libanon Hintermännern des Olympiaattentats im Jahr 1973 »eine neue Vertrauensbasis« an. Sogar ein geheimes Treffen des damaligen Außenministers Walter Scheel mit Abu Jussuf, PLO-Funktionär und Drahtzieher des Terroranschlags, war geplant. Das deutsche Kalkül war, künftig von Terroranschlägen ausgenommen zu werden – sie hätten dann anderswo stattgefunden. Nach Spiegel-Informationen hatte ein deutscher Botschaftsrat in Beirut damals Abu Jussuf versichert, die Deutschen seien ein Volk »mit großem Flüchtlingsanteil« und verstünden daher die Sache der Palästinenser gut.
Während deutsche Behörden mit den Hintermännern des Terrors gute Beziehungen pflegten, wurden Anfragen der Hinterbliebenen der Opfer abgewimmelt. »Nicht nur einmal, sondern 20 Jahre lang wurde uns mitgeteilt, dass es keine Dokumente dazu gäbe«, sagte Ankie Spitzer, Witwe des in München ermordeten Fechttrainers André Spitzer, in einem Interview (vgl. S. 8). Erst nach massivem Druck gelang es Spitzer und den anderen Angehörigen, Einsicht in die 4.000 Akten zu erhalten, deren Existenz bis dato von der Bundesregierung geleugnet worden war.
Am kommenden Mittwoch findet auf dem Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck eine Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer und für die Überlebenden des Attentats statt.