Studie

Verschwörungsmythen befeuern Geschichtsrevisionismus

Corona-Protest-Kundgebung auf dem Cannstatter Wasen Foto: imago

Anhänger von Verschwörungsmythen sind laut einer Untersuchung historisch oft weniger gut informiert und neigen stärker zu revisionistischen Perspektiven auf die Zeit des Nationalsozialismus.

Zu diesem Ergebnis kommt der am Mittwoch in Berlin vorgestellte »Multidimensionale Erinnerungsmonitor MEMO 2021« der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft«. Der Konfliktforscher und einer der Studienautoren, Andreas Zick, von der Universität Bielefeld betonte, »dass Menschen, die Verschwörungserzählungen glauben, eher die Bevölkerung während der NS-Zeit von Verantwortung entlasten, das Leiden der NS-Opfer mit dem der Täter gleichsetzen und an der Verfolgung der Jüdinnen und Juden zweifeln«.

corona-leugner Angesichts der Corona-Pandemie und der damit im Zusammenhang kursierenden Verschwörungserzählungen seien Corona-Leugner und andere Gruppen »eine neue Herausforderung für die Erinnerungs- und Gedenkkultur«, sagte Zick.

So lehnen laut der Studie in Deutschland zwar drei Viertel (75,2 Prozent) der Befragten die Aussage ab, dass es berechtigt sei, das Leiden der deutschen Bevölkerung während der Corona-Pandemie mit dem Leid von Menschen während der NS-Zeit zu vergleichen. Allerdings stimmten 3,9 Prozent der Befragten dieser Aussage zu. Weitere 6,1 Prozent lehnten sie zumindest nicht ausdrücklich ab.

Zudem stimmten 29,2 Prozent der Aussage »eher« oder »stark« zu, dass es »geheime Organisationen« gebe, die einen »großen Einfluss auf politische Entscheidungen haben, wie es weiter hieß. Und 22,2 Prozent seien der Meinung gewesen, dass Politiker und Führungspersonen «nur Marionetten der dahinterstehenden Mächte» seien.

ns-zeit Auf einer Skala von 1 («lehne stark ab») bis 5 («stimme stark zu») hätten Verschwörungsanhänger mit einem Wert von 2,93 stärker als Ablehner von Verschwörungsmythen (1,90) der Aussage zugestimmt: «Die deutsche Bevölkerung hat während der NS-Zeit genauso sehr gelitten wie die Gruppen, die durch das NS-Regime verfolgt wurden.» Bei der Aussage «Ich bezweifle, dass alles stimmt, was über das Ausmaß der Judenverfolgung berichtet wird» lagen die Zustimmungswerte demnach bei 2,73 gegenüber 1,73.

Der Erinnerungsmonitor 2021 offenbarte aber auch große Wissenslücken in der Gesamtbevölkerung beim Thema NS-Zwangsarbeit. So hätten die Befragten die Zahl der NS-Zwangsarbeiter auf durchschnittlich vier Millionen Menschen geschätzt. Historiker gehen dagegen von 13 Millionen NS-Zwangsarbeitern aus. Mehr als 80 Prozent der Befragten verneinten zudem, dass eigene Vorfahren Zwangsarbeiter in ihren Unternehmen und Haushalten oder auf ihren Höfen arbeiten ließen.

Die EVZ-Vorstandsvorsitzende Andrea Despot betonte: «Zwangsarbeit war nahezu allgegenwärtig und überall. Die Ausbeutung und Vernichtung durch Arbeit hatte Methode – in Fabrikhallen ebenso wie auf Bauernhöfen oder in Privathaushalten.«

Der Erinnerungsmonitor MEMO untersucht seit 2017 anhand jährlicher repräsentativer Umfragen den Zustand der Erinnerungskultur in Deutschland. Für den Erinnerungsmonitor 2021 wurden zwischen Dezember 2020 und Januar 2021 insgesamt 1000 Menschen zwischen 16 und 87 Jahren befragt. epd

Berlin

Baerbock über Bibas-Familie: »Ihr Schmerz ist kaum zu ertragen«

Die Außenministerin kritisierte auch die Hamas dafür, die lebenden Geiseln vorzuführen

 22.02.2025

Deutschland

Kontrollverlust

Viele Menschen fühlen sich nicht mehr sicher. Die Politik muss nach der Wahl endlich handeln, fordert unser Autor Marcel Reif

von Marcel Reif  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Berlin

Polizei vereitelt mutmaßlichen Anschlagsplan auf israelische Botschaft

In der Potsdamer Wohnung des Tatverdächtigen fand die Polizei Sprengstoff

 22.02.2025

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal – Täter wollte Juden töten

Ein syrischer Flüchtling stach einem spanischen Touristen in den Hals. Der Zustand des Opfers soll stabil sein

von Birgit Zimmermann, Matthias Arnold  22.02.2025

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025