Am Mittwoch vergangener Woche wurde im Bahnhof der hessischen Stadt Langen ein älterer Herr, vermutlich ein Rabbiner, beleidigt und körperlich angegriffen. Der mutmaßliche Täter, ein 26-Jähriger mit deutscher Staatsangehörigkeit und Geburtsort in Afrika, sitzt in Untersuchungshaft, wie die Jüdische Allgemeine von der Staatsanwaltschaft Darmstadt erfuhr. Ein 48-jähriger Deutscher, der dem Angegriffenen zu Hilfe kam, wurde von dem Täter verprügelt und musste ärztlich versorgt werden. Mittlerweile hat er das Krankenhaus wieder verlassen.
Die Vermutung, dass der zunächst angegriffene Mann ein Rabbiner ist, stützt sich auf die Aussagen sowohl des mutmaßlichen Täters wie auch auf die des angegriffenen Helfers, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Nach Informationen der »Frankfurter Rundschau« gehört der Mann jedoch nicht zur nahe Langen gelegenen Jüdischen Gemeinde Offenbach. »Wir wissen nicht, wer es war«, sagte der Offenbacher Rabbiner Mendel Gurewitz der FR. Auch in der Frankfurter jüdischen Gemeinde rätselt man. Nach Polizeiinformationen weiß man nur, dass es ein älterer Mann war, dessen Alter auf etwa 80 Jahre geschätzt wird. Es könnte auch ein Tourist gewesen sein.
TÄTER Nach Darstellung der Frankfurter Rundschau hat sich der Vorfall etwa so abgespielt: Mittags gegen 14.20 Uhr hat der mutmaßliche Täter den älteren Herrn, der auf einen Zug wartete, beleidigt. Zwei Bahnsteige weiter habe der 48-jährige Mann aus Langen die Szene beobachtet und sofort gerufen, der Mann solle aufhören. Dann habe er sein Handy gezückt, um ein Foto zu machen und die Polizei zu rufen.
Der Täter habe daraufhin sein Opfer, den mutmaßlichen Rabbiner, geschubst und sei geflüchtet. Der Helfer setzte dem Täter nach und verfolgte ihn. Bei der darauf folgenden Auseinandersetzung hat der Täter wohl mehrfach mit der Faust zugeschlagen und auch gegen den Kopf des Mannes getreten. Frakturen an Jochbein und Mittelhandknochen, Schürfwunden an Händen und Hämatome im Gesicht waren die Folge. Die Polizei konnte den mutmaßlichen Täter festnehmen, er soll 2,9 Promille Alkohol im Blut gehabt haben.
SUCHE Der Mann, der von den Beteiligten als Rabbiner beschrieben wird, sei danach in die S-Bahn in Richtung Frankfurt gestiegen und habe von der körperlichen Auseinandersetzung und dem Polizeieinsatz nichts mehr mitbekommen. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt vernimmt derzeit Zeugen, um den Tathergang zu rekonstruieren, und hofft, dass sich der ältere Herr bald meldet.
Langens Bürgermeister Frieder Gebhardt (SPD) hat nach Informationen der Frankfurter Rundschau derweil angekündigt, dem verletzten 48-Jährigen eine Anerkennung zukommen zu lassen: »Er hat eine besondere Form der Zivilcourage gezeigt.« mkr