Hanau

Verhandlungsunfähig: Kein Prozess gegen KZ-Wachmann

Foto: picture alliance/dpa

Der Fall eines mutmaßlichen früheren Wachmanns im KZ Sachsenhausen soll nicht vor Gericht verhandelt werden. Der heute 99-Jährige sei aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft verhandlungsunfähig. Die Eröffnung des Hauptverfahrens sei daher aus rechtlichen Gründen abzulehnen gewesen, teilte das Landgericht Hanau am Mittwoch mit.

Die Jugendkammer des Gerichts habe mit Beschluss vom 6. Mai dieses Jahres die Zulassung der Anklage abgelehnt. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Die Staatsanwaltschaft Gießen hatte im vergangenen Jahr Anklage gegen den Mann erhoben, der als Heranwachsender Wachmann im KZ Sachsenhausen gewesen sein soll. Aus diesem Grund und weil im Jugendstrafrecht das Wohnortprinzip gilt, hatte die Jugendkammer des Landgerichts Hanau über eine Zulassung der Anklage zu entscheiden.

Grausam und heimtückisch

Dem Mann aus dem Main-Kinzig-Kreis wurde zur Last gelegt, von Juli 1943 bis Februar 1945 in mehr als 3300 Fällen Beihilfe zum Mord geleistet zu haben. Als Angehöriger der SS-Wachmannschaften soll der deutsche Staatsangehörige »die grausame und heimtückische Tötung Tausender Häftlinge unterstützt haben«.

Als Angehöriger eines SS-Wachbataillons soll der Mann unter anderem mit der Bewachung von dort untergebrachten Häftlinge befasst gewesen sein. Zudem soll er mit der Überführung ankommender Häftlinge vom Bahnhof in das Hauptlager sowie mit der Bewachung von Häftlingstransporten beauftragt gewesen sein.

Während des Tatzeitraums sollen in dem Lager mindestens 3318 Häftlinge an den Folgen der dort herrschenden Unterbringungs- und Lebensverhältnisse sowie durch Erschießungen und den Einsatz von Giftgas umgekommen sein.

Körperlich und psychisch

Ein psychiatrisches Sachverständigengutachten, das im Oktober vergangenen Jahres eingeholt worden war, war von einer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Mannes ausgegangen.

Anfang Februar dieses Jahres sei dann ein weiteres Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der körperliche und psychische Zustands des Mannes verschlechtert habe und eine Besserung nicht zu erwarten sei. »Das Gericht ist den Ausführungen des Sachverständigen vollumfänglich gefolgt und hat die Anklage daher aus rechtlichen Gründen nicht zur Hauptverhandlung zugelassen«, hieß es.

Im KZ Sachsenhausen etwa 35 Kilometer nördlich von Berlin waren von 1936 an etwa 204.000 Menschen von den Nazis interniert worden. Zehntausende kamen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit und Misshandlungen um oder wurden Opfer von Vernichtungsaktionen der SS. Auf Todesmärschen nach der Evakuierung des Lagers Ende April 1945 starben weitere Tausende Häftlinge. dpa

Meinung

Syrien: Warum machen wir immer wieder den gleichen Fehler?

Sollte der Westen einem Mann vertrauen, der bislang als Terrorist gesucht wurde?

von Jacques Abramowicz  11.12.2024

Meinung

Es sollte uns beschämen, dass Juden in Deutschland sich nicht mehr sicher fühlen können

Ein Gastbeitrag von Adrian Grasse

von Adrian Grasse  11.12.2024

RIAS

Experten kritisieren Normalisierung antisemitischer Narrative

Sie sind überall verfügbar, im Internet und analog: Legenden, die gegen Juden und die Demokratie gerichtet sind. Das zeigt eine neue Studie - und nimmt speziell auch den Rechtsextremismus in den Blick

 11.12.2024

Bern

Schweiz verbietet Hamas

Ein neues Gesetz verbietet die Hamas, Tarn- und Nachfolgegruppierungen sowie Organisationen und Gruppierungen, die im Auftrag der Terrorgruppe handeln. Jüdische Organisationen begrüßen den Schritt

 11.12.2024

Restitution

Familie verliert ihr in der Nazizeit gekauftes Grundstück

85 Jahre lebt eine Familie in einem Haus in Brandenburg. Zuvor hatte es zwei jüdischen Frauen gehört, die schließlich von den Nazis ermordet wurden

 11.12.2024

Debatte

Rabbiner für Liberalisierung von Abtreibungsregelungen

Das liberale Judentum blickt anders auf das ungeborene Leben als etwa die katholische Kirche: Im jüdischen Religionsgesetz gelte der Fötus bis zur Geburt nicht als eigenständige Person, erklären liberale Rabbiner

von Leticia Witte  11.12.2024

Gelsenkirchen

Bekommt Bayern-Torhüter Daniel Peretz Konkurrenz?

Münchens Sportvorstand Max Eberl macht eine klare Ansage

 11.12.2024

Meinung

Syrien und die verfrühte Freude des Westens über den Sieg der Islamisten

Ein Gastkommentar von Ingo Way

von Ingo Way  11.12.2024

Porträt

Wer ist der Mann, der Assad gestürzt hat?

Abu Mohammed al-Golani hat sich oft gewandelt. Der Anführer des Aufstandes, der der jahrzehntelangen Diktatur der Familie Assad in Syrien binnen Tagen ein Ende setzte, hat jahrelang an seinem Image gearbeitet

von Kareem Chehayeb  10.12.2024