Diplomatie

Verhältnis: mäßig

Der Abriss des Shepherd-Hotels in Ost-Jerusalem belastet die Beziehungen zwischen der EU und Israel. Foto: Flash 90

Eigentlich hätte der Jahresanfang 2011 einen großen Erfolg für Europas Außenpolitik markieren sollen: Am 3. Januar nahm nach langen Diskussionen der Europäische Auswär- tige Dienst seine Arbeit auf. Jetzt kann die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton mit ihren Außenministerkollegen auf Augenhöhe verhandeln. Und Henry Kissingers höhnische Frage »Wen rufe ich an, wenn ich Europa sprechen will?« ist nach mehr als 30 Jahren beantwortet: In Washington ist die EU sogar zum Ortstarif erreichbar.

beförderung Einen direkten Draht nach Brüssel hat auch die israelische Regierung bekommen. Aus der früheren Vertretung der EU-Kommission in Tel Aviv ist jetzt ganz offiziell eine Botschaft geworden. Das frühere »Technical Assistance Office« in Ost-Jerusalem wurde zumindest dem Namen nach befördert und heißt jetzt »Office of the European Union Representative, Westbank and Gaza Strip«.

Beide Vertretungen sind Catherine Ashton wichtig – so wichtig, dass sie Israel und den besetzten Gebieten den ersten Besuch im neuen Jahr abstattete. Es war gleichzeitig ihre erste Reise als Chefin des nun endlich funktionierenden Auswärtigen Dienstes. Die Symbolik war gewollt, wie Ashton betonte: »Es ist kein Zufall, dass ich hier bin«, sagte sie dem israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak.

»Denn ich wollte Sie und andere treffen, die Palästinenser besuchen und diskutieren, was wir zur Unterstützung des Prozesses tun können, der uns langfristig Frieden und Sicherheit für Israel bringen wird, eine Zwei-Staaten-Lösung und eine Zukunft, in der wir auch versuchen können, die wirtschaftliche Entwicklung in Gaza zu unterstützen.« Harmonie war also angesagt beim Besuch der EU-Chefdiplomatin. Nur beim Gespräch mit Außenminister Avigdor Lieberman soll es etwas geknirscht haben.

Drei Tage später hatte der Schmusekurs bereits ein Ende: Mit Genehmigung Jerusalems wurde das legendäre Shepherd-Hotel abgerissen, um Platz für Siedlungen zu schaffen. Das Gebäude, im gleichen Viertel gelegen wie die EU-Vertretung, war einst für den Großmufti von Jerusalem gebaut worden, im Nahen Osten einer der mächtigsten Verbündeten der Nazis.

Ashton, die es als Provokation empfand, dass sie von dem geplanten Abriss in unmittelbarer Nachbarschaft der EU-Vertretung in ihren Gesprächen mit israelischen Regierungsvertretern nichts erfahren hatte, reagierte äußerst verärgert: »Ich verurteile aufs Schärfste den Abriss des Shepherd-Hotels an diesem Morgen«, ließ die Ministerin erklären. »Ich betone, dass Siedlungen völkerrechtlich illegal sind.« Ashton sagte, dass Ost-Jerusalem Teil des palästinensischen Gebietes sei – »die EU erkennt die Besetzung durch Israel nicht an«.

boykott Wie es der Zufall wollte, wurde der israelischen Tageszeitung Haaretz am gleichen Tag ein Schreiben zugespielt, das der Chef der Ost-Jerusalemer EU-Vertretung zusammen mit seinem Kollegen aus Ramallah schon im Dezember 2010 an das Politische und Sicherheitspolitische Kommitee in Brüssel geschickt hatte. Ein Gremium, das sich einmal im Monat trifft und wichtige Vorarbeit bei der Festlegung der gemeinsamen EU-Außenpolitik leistet. Gegenstand des Schreibens: Zum einen soll die EU künftig Ost-Jerusalem als Hauptstadt des palästinensischen Staates behandeln. Zum anderen solle sie Druck auf die israelische Regierung ausüben, sich aus dem Ostteil der Stadt zurückzuziehen.

Die Diplomaten schlagen konkret vor, wie dieser Druck auszusehen habe: Regierungsvertreter aus EU-Ländern sollten sich weigern, israelische Behörden hinter der Demarkationslinie zu besuchen, und »gewalttätigen Siedlern« müsse die Einreise in die EU verwehrt werden. Zudem sollen israelische Produkte aus den besetzten Gebieten boykottiert werden.

In Brüssel heißt es hinter vorgehaltener Hand, man müsse die Meinung einiger weniger Diplomaten nicht überbewerten. Aber dass das Dokument just auftauchte, nachdem Jerusalem die EU-Außenministerin mit dem Abriss des Shepherd-Hotels düpierte, lässt vermuten, dass Israels Regierung derzeit in Brüssel noch etwas schlechter angesehen ist, als offizielle Verlautbarungen glauben machen wollen.

Deutschland

Rechtsextreme Straftaten 2024 auf neuem Rekordstand

Die Zahl der rechtsextrem motivierten Straftaten nimmt rasant zu. 2024 wurde ein neuer Höchststand erreicht. Darunter auch 1100 Gewaltdelikte

 05.01.2025

Roman Schwarzman

Holocaust-Überlebender aus Ukraine hält am 27. Januar Rede beim zentralen Gedenken im Bundestag

Im kommenden Jahr jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal. Zur Gedenkstunde im Bundestag wird ein Holocaust-Überlebender aus Odessa erwartet

 05.01.2025 Aktualisiert

Berlin

Nach Raketenschuss in Neukölln: Influencer aus dem Westjordanland am Flughafen Berlin festgenommen

Ein arabischer Influencer hat an Silvester eine Rakete in ein Wohnhaus in Berlin-Neukölln geschossen haben. Nun wurde der Mann festgenommen

 05.01.2025

Politik

EU-Abgeordneter Sergey Lagodinsky tritt gegen Gelbhaar an

Der Kreisverband Berlin-Pankow fordert Stefan Gelbhaar dazu auf, auf eine Kandidatur für ein Direktmandat bei der Bundestagswahl zu verzichten. Er bekommt nun Konkurrenz aus Brüssel

 04.01.2025

Niederlande

Namen von 425.000 Kollaborateuren einsehbar

Das passt nicht allen Bürgern. Reißen nun alte Wunden wieder auf?

 03.01.2025

Syrien

Neuanfang in Syrien?

Vier Wochen nach dem Sturz des Machthabers Assad wollen die deutsche Außenministerin und ihr französischer Kollege in Damaskus ein Zeichen setzen. Sie kommen mit Angeboten, aber auch mit Forderungen

 03.01.2025

Berlin

Weidel und Musk planen Talk auf »X«

Mit seinem öffentlichen Werben für die rechtsextremistische AfD hat Tesla-Chef und Trump-Berater Elon Musk viel Wirbel ausgelöst. Der nächste Schritt folgt in knapp einer Woche

 03.01.2025

Debatte

Musk-Beitrag in der »Welt«: Idee kam von Springer-Aufsichtsrat

Die Hintergründe

 03.01.2025

Berlin

Weitere Chanukkia geschändet

Seit Tagen registriert die Polizei immer wieder Beschädigungen von Chanukkiot

 03.01.2025