Im Streit um das »Judensau«-Relief an der Stadtkirche Wittenberg in Sachsen-Anhalt hat ein Mann nach seiner Niederlage am Bundesgerichtshof (BGH) wie angekündigt Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Den Eingang des Schreibens bestätigte ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts am Mittwoch in Karlsruhe. Der »Spiegel« hatte berichtet, die Anwälte des Klägers forderten, dass das BGH-Urteil aufgehoben und der Fall zurückverwiesen werde. Das Relief sei »in Ansehung der damit verbundenen schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht nur des Beschwerdeführers, sondern jedes Juden in Deutschland zu entfernen«.
Reformation Ein Vertreter des jüdischen Klägers war am Mittwoch zunächst nicht zu erreichen. Offen ist damit unter anderem, wie der Mann zu einer am Dienstag veröffentlichten Empfehlung eines Expertenbeirats steht, das Relief zeitnah von jener Kirche zu entfernen. Die Wittenberger Stadtkirche gilt als Mutterkirche der Reformation, weil dort einst Martin Luther (1483-1546) predigte. Der Gemeindekirchenrat will nach bisheriger Planung Ende August über die Empfehlungen beraten.
Das Relief zeigt eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen saugen, die durch Spitzhüte als Juden identifiziert werden sollen. Eine laut BGH als Rabbiner geltende Figur hebt den Schwanz des Tieres und blickt in den After. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein.
Der Kläger will gerichtlich erstreiten, dass das antijüdische Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert entfernt wird. Der BGH hatte im Juni jedoch entschieden, dass eine Bodenplatte und ein Aufsteller mit erläuterndem Text ausreichten, um aus dem »Schandmal« ein »Mahnmal« zu machen. Es könne bleiben (Az. VI ZR 172/20).