Ärzte sollen in ihrer Ausbildung mehr über den Missbrauch der Medizin während der Zeit des Nationalsozialismus lernen. Die neue Approbationsordnung für Ärzte solle entsprechend geändert werden, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). »Ich habe für meinen Vorstoß viel Unterstützung bekommen und gehe davon aus, dass wir damit durchkommen.«
Allerdings, so Klein, werde derzeit die gesamte und mehr als 100-seitige Approbationsordnung überarbeitet. Und da das zuständige Bundesgesundheitsministerium stark mit der Corona-Pandemie befasst sei, werde die Änderung noch dauern. Die Abstimmung der beteiligten Ministerien werde voraussichtlich erst Ende Februar abgeschlossen sein.
lücke Klein betonte weiter: »Es gibt eine Lücke in der medizinischen Ausbildung.« Denn es gebe »viel zu viele Mediziner, die unzureichende Kenntnisse haben über die Rolle der Medizin im Dritten Reich. Das betrifft gerade ethische Fragen.«
So fehle es zum Beispiel oft an Kenntnissen über die menschenverachtenden Versuche des KZ-Arztes Josef Mengele und anderer Mediziner: »Das waren glatte Verstöße gegen den hippokratischen Eid. Damals wurde das Leben totgespritzt. Es ist wichtig, Mediziner von heute stärker auf diese ethischen Fragen zu bringen.«
Neuen Forschungen zufolge war knapp die Hälfte der deutschen Ärzteschaft Mitglied der NSDAP. Bei Lehrern oder Juristen seien es maximal 25 Prozent gewesen. In der »Nürnberger Erklärung« des Deutschen Ärztetages von 2012 heißt es, man wisse heute deutlich mehr über Ziele und Praxis der vielfach tödlich endenden unfreiwilligen Menschenversuche mit vielen tausend Opfern und die Tötung von über 200.000 psychisch Kranken und Behinderten, ebenso über die Zwangssterilisation von über 360.000 als »erbkrank« klassifizierten Menschen.
Im Gegensatz zu noch immer weit verbreiteten Annahmen sei die Initiative für diese gravierenden Menschenrechtsverletzungen zudem nicht von politischen Instanzen, sondern von den Ärzten selbst ausgegangen, heißt es weiter: »Sie geschahen unter Mitbeteiligung führender Repräsentanten der verfassten Ärzteschaft sowie medizinischer Fachgesellschaften und ebenso unter maßgeblicher Beteiligung von herausragenden Vertretern der universitären Medizin sowie von renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen.« kna