Vorwurf des Antisemitismus

Unterstützung für Michael Blume

»Die Vorwürfe des Simon-Wiesenthal-Zentrums sind höchst befremdlich«: Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftrager Michael Blume Foto: Chris Hartung

Das Wiesenthal-Zentrum mit Sitz in Los Angeles führt auf seiner weltweiten »Antisemiten-Liste« 2021 den Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, auf Platz sieben. Seit 2019 habe Blume angeblich antijüdische, antiisraelische und konspirative Twitter-Accounts gelikt und Beiträge weiterverbreitet, hieß es in der Begründung der am Dienstagabend vorgestellten Top Ten der weltweit schwersten antisemitischen Vorfälle.

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Zudem habe laut Blume laut Wiesenthal-Zentrum einen Facebook-Post gelikt, der Zionisten mit Nazis verglichen habe. Um welche Posts und welche Accounts es sich genau handelte, schrieb die Organisation nicht. 

REAKTION Blume erklärte auf Anfrage, er werde seit seinem Amtsantritt 2018 »Trolling« ausgesetzt. Als Beispiel nannte er einen in Deutschland und Israel für die »Jerusalem Post« arbeitenden Journalisten.

Blume hat sich nach eigenem Bekunden bereits mit den Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden und Württemberg sowie der Generalkonsulin von Israel, Carmela Shamir, abgestimmt. Er sieht keine Veranlassung, »meinen bisherigen Äußerungen noch etwas hinzuzufügen«.

»Einen Brückenbauer zwischen Baden-Württemberg und Israel auf eine gemeinsame Liste mit Feinden Israels zu setzen, ist ungeheuerlich.«

Israelitische Religionsgemeinschaften Baden-Württemberg

Klare Unterstützung bekommt Blume von den Israelitischen Religionsgemeinschaften (IRG) seines Bundeslandes Baden-Württemberg. Sie erklärten: »Die jüdischen Gemeinden im Land Baden-Württemberg verurteilen einhellig den Versuch einer Verunglimpfung des Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg durch dessen Aufnahme in die Liste der ›Top 10 Worst Antisemitic Events‹ des Simon Wiesenthal Centers für das Jahr 2021. Einen Brückenbauer zwischen Baden-Württemberg und Israel auf eine gemeinsame Liste mit Feinden Israels zu setzen, ist ungeheuerlich.«

Seitens des Büros des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, hieß es: »Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus schätzt die Arbeit, die Herr Blume im Kampf gegen Antisemitismus leistet, uneingeschränkt. Herr Dr. Klein und Herr Blume arbeiten vertrauensvoll zusammen.«

Kritik An der Liste gab es schon in der Vergangenheit Kritik. So hatte das Wiesenthal-Zentrum 2019 den deutschen UN-Botschafter Christoph Heusgen auf seiner Liste genannt. Der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, nahm den Diplomaten daraufhin in Schutz und sagte: Solche »wirklich völlig unangebrachten« Vorwürfe würden die Diskussion nur erschweren.

Um welche Posts und welche Accounts es sich genau handelte, schrieb das Wiesenthal Center nicht. 

Das Wiesenthal-Zentrum kritisierte in seinem neuen Bericht zudem, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) hätten Blume »unerklärlicherweise (...) erlaubt (...), sich weiter an diesen antisemitischen und anti-israelischen Aktivitäten in den sozialen Medien zu beteiligen.«

Innenminister Strobl sagte dazu im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen: »Mir liegt es wirklich fern, das Wiesenthal-Zentrum zu kritisieren - aber das, was die jüdischen Vertreterinnen und Vertreter in Baden und Württemberg sagen, das spricht für sich. Herr Dr. Blume ist ein top-engagierter, herausragender Antisemitismusbeauftragter unseres Landes, und ich kann mir für diese Aufgabe keine bessere Person vorstellen.«

»Es gibt keinen Grund, an der Integrität unseres Antisemitismusbeauftragten Michael Blume zu zweifeln.«

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg

In einem Statement von Winfried Kretschmann hieß es, »es gibt keinen Grund, an der Integrität unseres Antisemitismusbeauftragten Michael Blume zu zweifeln.« Er habe in den vergangenen Jahren einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen den Antisemitismus und Judenhass geleistet und genieße bei den Israelitischen Religionsgemeinschaften höchste Reputation. »Die Vorwürfe des Simon-Wiesenthal-Zentrums sind für mich nicht nachvollziehbar und höchst befremdlich, und ich halte es für fraglich, ob ein solches Ranking hilft, die gesellschaftliche Spaltung und den Antisemitismus zu überwinden.«

IRAN Blume habe es, laut Wiesenthal Center, versäumt, Freiburg dazu aufzurufen, seine Städtepartnerschaft mit dem iranischen Isfahan zu beenden. Isfahans Stadtverwaltung finanziere Aufrufe zur Zerstörung des jüdischen Staates auf der jährlichen antisemitischen Al-Quds-Demonstration, betonte das Wiesenthal Center.

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Zudem habe Blume die Landesbank Baden-Württemberg nicht gedrängt, das Konto des Palestine Committee Stuttgart zu schließen. Dies sei »Baden-Württembergs und Deutschlands mächtigste anti-israelische Boykott-Desinvestment-und-Sanktionen-Organisation« (BDS).

Barbara Traub, Vorstandssprecherin der IRG Württembergs, hebt dagegen hervor: »Wir kennen Dr. Michael Blume bereits seit fast zwei Jahrzehnten als einen außergewöhnlich engagierten und ausgesprochen kompetenten Kämpfer gegen Antisemitismus jeder Form, als einen Freund der jüdischen Gemeinschaft.«

»Es wäre nur redlich«, so Traub weiter, »wenn das Simon Wiesenthal Center (...) bei seinen Einschätzungen zu Menschen, denen man Antisemitismus vorwirft, vorab auch den Kontakt mit den jüdischen Gemeinden und ihren demokratisch gewählten Vertretern sucht.«

»Wir sehen ihn daher als guten Freund und nicht als Gefahr.«

Hanna Veiler, JSUD-Vorstand

JSUD Hanna Veiler, ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Studierendenunion in Württemberg, stellt sich ebenfalls an die Seite von Michael Blume. Seit Jahren stehe er den jüdischen Studierenden »mit Wort und Tat zur Seite. Wir lernten ihn als Politiker kennen, der es immer vorzog, erst mit uns zu sprechen, bevor er über uns sprach.«

Darüber hinaus habe er den Studenten zahlreiche Möglichkeiten gegeben, deren Anliegen einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und auf diese Weise jüdischen Studierendenaktivismus in Baden-Württemberg maßgeblich gefördert. Stets habe er sich gegen israelbezogenen Antisemitismus eingesetzt, betonte Veiler, die auch Vizepräsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) ist. »Ohne Michael Blume hätte sich jüdischer Studierendenaktivismus in Baden-Württemberg nicht auf die gleiche Weise entwickelt. Wir sehen ihn daher als guten Freund und nicht als Gefahr.«

Auch der deutsch-persisch-israelische Bestsellerautor Arye Sharuz Shalicar verteidigte Blume gegen Kritik. »Ich fordere Solidarität mit meinem Freund Michael Blume«, sagte er im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. »Ich bin dankbar für seinen unermüdlichen Einsatz, für Verständnis zwischen Menschen und gegen Antisemitismus. Das Wiesenthal Center hat einen großen Fehler begangen, der nur ihm selbst schadet.«

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Uwe Becker, reagierte mit Befremden auf die Liste, auf der Blume und die Deutsche Welle »in einem Atemzug mit dem Mullah-Regime Iran und dem palästinensischen Dschihad« genannt würden. Blumes Diskriminierung durch eine Organisation, »der offensichtlich die Sachkenntnisse vor Ort fehlen, ist nicht akzeptabel«.

Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, Meron Mendel, warf dem »rechten Wiesenthal-Zentrum« auf Twitter vor, den Antisemitismus-Vorwurf zu nutzen, »um Menschen zu diffamieren«. »Mit dem Nazijäger Simon Wiesenthal hat das Zentrum nur den Namen gemein. Statt gegen Antisemitismus zu kämpfen, hetzt es regelmäßig gegen Linke«.

Deutsche Welle Blume wird auf der Liste unter dem Punkt sieben »Deutschland« aufgeführt. Dort sind auch Mitarbeiter der Deutschen Welle genannt. Das Wiesenthal-Zentrum verweist auf Berichterstattung der »Süddeutschen Zeitung«, wonach Mitglieder des arabischen Dienstes der Deutschen Welle israelfeindliche und Holocaust-verharmlosende Kommentare in sozialen Netzwerken gemacht hätten. Ein Post habe den Holocaust als »künstliches Produkt« bezeichnet und hinzugefügt, dass Juden weiterhin »die Gehirne von Menschen durch Kunst, Medien und Musik« kontrollieren würden. Die Deutsche Welle wollte sich auf dpa-Anfrage nicht äußern.

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Auf Platz eins der Liste steht Israels Erzfeind Iran. Auf Platz zwei wird die Terrororganisation Hamas geführt, die sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen geschrieben hat.

Auf Platz drei kommen die BBC sowie Großbritannien und Nordirland. Das Wiesenthal-Zentrum kritisierte unter anderem die Berichterstattung der BBC über einen Angriff von Muslimen auf einen mit britischen Juden besetzten Bus im Zentrum Londons. Die BBC habe fälschlicherweise behauptet, einer der Fahrgäste habe eine anti-muslimische Verunglimpfung geäußert. Damit habe der Sender das Opfer zum Täter gemacht, hieß es.

BBC Ein Sprecher der BBC sagte laut der »Daily Mail«: »Antisemitismus ist abscheulich. Die BBC ist bestrebt, der jüdischen Gemeinde und allen Gemeinden in unserem Land fair mit genauer und unparteiischer Berichterstattung zu dienen.«

Das 1977 gegründete Zentrum mit Hauptsitz in Los Angeles ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern bekannt geworden. Es bemüht sich aber auch um die Förderung von Toleranz und kämpft in aller Welt gegen Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus und Völkermord. ja/dpa/kna

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