In jüngster Zeit wirkte Israel international isoliert. Der Präsident der Jewish Agency, Natan Sharansky, betonte mir gegenüber, dass die Aggres- sivität antiisraelischer – und gleichzeitig meist auch antisemitischer – Stimmungsmache in vergangenen Jahrzehnten nie so intensiv gewesen war, wie es derzeit der Fall ist. Der Auslöser dafür ist zweifellos der Goldstone-Bericht über den Gazakrieg, in dem falsche Beschuldigungen gegen Israel bei völliger Absenz von nachweisbaren Fakten erhoben werden. Die Hamas verfolgte mit Absicht die Politik, Raketen aus dicht bevölkerten Gebieten abzuschießen, ihre Kämpfer in normaler Kleidung einzusetzen, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen und riesige Waffenmengen in Moscheen zu lagern. Keine dieser Aktionen löste eine Intervention der UN aus, deren sogenannte Menschenrechtskommission wiederum die Hälfte aller Sitzungen der vergangenen Jahre erschreckend einseitig Israel »widmete«.
Erkenntnis Auch der Goldstone-Bericht übergeht diese Terrorakte weitgehend. »Die Behauptungen ignorieren die außergewöhnliche Verantwortung der israelischen Armee, die unter unmöglichen Bedingungen auf moralische Weise im Gazakrieg operierte«, betonte Verteidigungsminister Ehud Barak. Richard Goldstone selbst sagte: »Wenn wir unsere Erkenntnisse einem Gericht vorgelegt hätten, so wären diese Befunde nicht als Beweise zugelassen worden.« Die Untersuchung ist eine diskriminierende und völlig ungerechte Vorverurteilung Israels.
Zweifellos war die Ankündigung eines Wohnbauprojektes in Jerusalem während des Besuchs des amerikanischen Vizepräsidenten Joe Biden eine einfältige Dummheit von Bürokraten im israelischen Außenministerium, ohne dass Premir Benjamin Netanjahu davon wusste. Allerdings frage ich mich, warum eigentlich Bebauungspläne, die im Übrigen erst in einigen Jahren in die Tat umgesetzt werden, offiziell bekannt gemacht werden müssen. In jedem Fall ist es eine Tatsache, dass diese Ankündigung keinerlei Bruch von Vereinbarungen zwischen US-Präsident Barack Obama und Netanjahu darstellt. Tatsächlich hatte die amerikanische Regierung Israels Bereitschaft, die Siedlungstätigkeit für die Dauer von zehn Monaten einzufrieren, als »große Konzession« zuvor öffentlich gelobt – wobei Jerusalem ausdrücklich und mit vollem Wissen des US-Präsidenten von diesem Moratorium ausgeschlossen worden war.
Skrupellos Obama ist bereits seit über einem Jahr im Amt, aber er hat es noch immer nicht für nötig befunden, den Staat Israel zu besuchen, obwohl er schon in Ägypten, Saudi-Arabien und anderen arabischen Ländern war. Immer wieder hat er vom jüdischen Staat einseitige Konzessionen gefordert. Der bekannte israelische Kolumnist Isi Leibler wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Präsident nicht ein einziges Mal die Palästinensische Autonomiebehörde öffentlich gerügt habe. Es muss als skrupellos angesehen werden, dass weder das Weiße Haus noch das US-Außenministerium ein Wort des Protestes gegen die fortgesetzte Israel-Hetze in allen offiziellen Medien der PLO geäußert haben.
Der frühere Mossad-Chef Ephraim Halevy schreibt Obamas einseitige Nahostpolitik seiner Entschlossenheit zu, das weltweit angeschlagene Image des Islam auf Kosten Jerusalems aufzupolieren. Die Angriffe der US-Regierung auf Israels Souveränität werden – das verdient besondere Betonung –, vom amerikanischen Volk und von seinem Kongress so nicht geteilt. Es besteht Verständnis für gewisse rote Linien, die Netanjahu als Premier keinesfalls überschreiten darf. »Das Problem besteht keineswegs in Baukonzessionen für Jerusalem«, betonte der israelische Botschafter in den USA, Michael B. Oren, in der New York Times, »das Problem sind die kontinuierlich wachsenden palästinensischen Forderungen.«
Gefahr Das Bedauerlichste am Ausgang der Israelreise von US-Vizepräsident Biden war, dass im Trubel des Siedlungsstreits die entscheidende Thematik nicht behandelt wurde: die Kräfte in der Region für eine Machtprobe mit dem Iran zu bündeln, der die ge- fährlichste Bedrohung im Nahen Osten darstellt. Dabei darf man nicht vergessen, dass sogar Präsident Honsi Mubarak von Ägypten, der jordanische König Abdullah und der saudische Prinz Fahd davon ausgehen, dass Teheran für ihre Regime eine ebenso tödliche Gefahr bedeutet wie für Israel.
»Die israelischen Siedlungen sind keineswegs das Problem«, betont Bret Stephens, Redakteur des angesehenen Wall Street Journal. »Das wesentlichste Problem besteht darin, dass der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ein existenzieller Konflikt ist und kein territorialer.« Die Palästinenser aber sind anscheinend keineswegs willens, mit einem jüdischen Staat entlang des ihren zu leben.
Der Autor ist Filmproduzent (»Ein Tag im September«, »Die Kinder des Monsieur Mathieu«).