Russlands Präsident Wladimir Putin hat zum 76. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Hitler-Deutschland den Schutz nationaler Interessen betont. »Russland verteidigt das internationale Recht konsequent«, sagte der Kremlchef am Sonntag während einer großen Militärparade in Moskau. »Gleichzeitig werden wir unsere nationalen Interessen standhaft verteidigen und die Sicherheit unseres Volkes sichern.«
Bei eisigem Wind und wolkenbehangenen Himmel marschierten Tausende Soldaten über den Roten Platz. Traditionell wurden auch Panzer, Raketen und Kampfflugzeuge präsentiert. Einige der hochbetagten Weltkriegsveteranen auf der Ehrentribüne hinter Putin waren zum Schutz gegen die Kälte in Decken gehüllt. Nass wurden die Besucher immerhin kaum. Ganze 417 Millionen Rubel (rund 4,7 Millionen Euro) hatte Moskau laut offiziellen Angaben unter anderem dafür bereit gestellt, Wolken vor dem Stadtzentrum künstlich zu zerstreuen.
Eine Schutzmaske trug kaum jemand. Offiziellen Angaben zufolge waren alle rund 12.000 Teilnehmer der Parade gegen das Coronavirus geimpft. Auch der 68 Jahre alte Kremlchef selbst hatte sich vor einigen Wochen immunisieren lassen.
Im vergangenen Jahr war Putin teils heftig dafür kritisiert worden, dass mitten in der Pandemie - wenn auch um einige Wochen nach hinten verschoben - in Moskau die größte Militärparade der russischen Geschichte abgehalten wurde. Zum 75. Jahrestag des Sieges über die deutschen Faschisten waren damals auch zahlreiche internationale Gäste angereist.
Der Zweite Weltkrieg, der im Russischen als »Großer Vaterländischer Krieg« bekannt ist, habe »unerträgliche Prüfungen, Schmerz und Tränen« gebracht, erinnerte Putin bei seiner diesjährigen Rede. »Und es gibt kein Vergeben und keine Rechtfertigung für diejenigen, die erneut aggressive Pläne aushecken.« Die Sowjetunion hatte im Zweiten Weltkrieg laut Historikern rund 27 Millionen Todesopfer zu beklagen.
Einmal mehr warnte der Kremlchef außerdem vor Versuchen der Geschichtsfälschung und davor, die Taten von »Verrätern und Verbrechern« zu relativieren. Erst in der vergangenen Woche war ein Gesetzentwurf in die Staatsduma eingebracht worden, der ein »Gleichsetzen« der Handlungen von Sowjetmacht und NS-Regime im Zweiten Weltkrieg unter Strafe stellen will. Putin hatte das Vorhaben mit der Verteidigung gegen geschichtliche Unwahrheiten begründet. Kritiker hingegen mahnen, dass das Gesetz beliebig ausdehnbar sei und etwa die freie Arbeit von Historikern gefährden könnte.
Der »Tag des Sieges« gilt als einer der wichtigsten Feiertage in Russland. Dass er einen Tag später gefeiert wird als im Westen, liegt an der Zeitverschiebung: Der Beginn der Waffenruhe war 1945 auf den 8. Mai um 23.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit festgelegt worden. In Moskau war es da bereits 1.00 Uhr - am 9. Mai.
Auch in anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion gab es am Sonntag Militärparaden und Gedenkveranstaltungen. In der Ukraine etwa gedachten Zehntausende mit Blumen des Kriegsendes in Europa und feierten mit Autokorsos den Sieg über den Nationalsozialismus. Die Landesführung um Präsident Wolodymyr Selenskyj legte Blumen am Ewigen Feuer in Kiew ab.