Die umstrittene Verleihung des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken an Masha Gessen soll verschoben werden. Die für Freitag geplante Veranstaltung fällt aus und soll am Samstag in einem kleineren Rahmen stattfinden, wie ein Sprecher des Trägervereins bestätigte. Der Verein reagiere damit auf den Rückzug der Heinrich-Böll-Stiftungen aus Bund und Land von der Verleihung im Bremer Senat.
Kritisiert werden Äußerungen in einem Artikel im US-amerikanischen Magazin »The New Yorker«, mit denen Gessen die Situation in Gaza mit den jüdischen Ghettos im besetzten Europa verglichen hatte. Dies sei kein Angebot zur offenen Diskussion und helfe nicht, den Konflikt im Nahen Osten zu verstehen. »Diese Aussage ist für uns nicht akzeptabel und wir weisen sie zurück«, hieß es in der Mitteilung der Böll-Stiftungen.
Zuvor hatte die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Bremen Bedenken geäußert und den Vergleich als befremdlich bezeichnet. Auch Bremens stellvertretender Regierungschef Björn Fecker distanzierte sich. »Das ist ein unsäglicher Vergleich, der eine rote Linie überschreitet«, teilte der Grünen-Politiker mit.
Politisches Denken und Handeln
Der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken wurde 1994 gestiftet. Die Auszeichnung soll Menschen ehren, die in der Tradition Arendts zu öffentlichem politischem Denken und Handeln beitragen. Über die Vergabe entscheidet den Angaben nach eine unabhängige, internationale Jury. Das Preisgeld von 10 000 Euro wird von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Senat der Freien Hansestadt Bremen gestiftet.
Nach dem Rückzug der Stiftungen habe die Verwaltung des Bremer Rathauses die Erlaubnis zur Benutzung der Oberen Rathaushalle zurückgezogen, schrieb der Trägerverein. »Wir nehmen dies bedauernd zur Kenntnis«, hieß es.
Gessen, 1967 in Moskau geboren, schreibt über politische Strömungen und Konflikte in der US-amerikanischen und der russischen Gesellschaft. Gessen lebt in New York City. dpa