Herr Schuster, wie fällt Ihre Bilanz der EMG 2015 aus?
Ich bin sehr zufrieden mit den ersten Europäischen Makkabi-Spielen auf deutschem Boden. Es gab wenige antisemitische Zwischenfälle, die ich sehr bedauere, aber insgesamt hatten die Teilnehmer, so hört man allenthalben, viel Freude, und vor allem hat die Öffentlichkeit einen Teil des jüdischen Lebens mitbekommen, der vielen bisher unbekannt war. Die Resonanz in den Medien war überwältigend.
Wie bewerten Sie den sportlichen Erfolg der deutschen Mannschaft und die Organisation der Spiele?
Ich weiß, dass jeder Sportler sich über eine Medaille unglaublich freut. Aber ehrlich gesagt, finde ich das Abschneiden einzelner Mannschaften gar nicht so wichtig. Wichtig ist mir, dass die Sportler sich als Teil einer großen, weltweiten jüdischen Gemeinschaft fühlen können und daraus Selbstbewusstsein schöpfen. Mir sind keinerlei Beschwerden zu Ohren gekommen – das ist ein sicheres Indiz, dass Makkabi Deutschland die Spiele sehr gut organisiert hatte.
Es war oft zu hören, dass sich nun ein Kreis geschlossen habe. Was denken Sie?
Viele haben das sicher so empfunden, was man ja auch bei der Eröffnungsfeier in der Waldbühne in den Videos sehen konnte. Ich würde allerdings diese Metapher eher nicht verwenden, weil sie ein wenig nach Abschluss oder Schlussstrich klingt. Wir wollen aber die Erinnerung lebendig halten. Ich gehe jedoch davon aus, dass auch jene, die die Kreis-Metapher gewählt haben, keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen wollen.
Die Spiele seien Ausdruck einer Neuorientierung des Judentums in Deutschland gewesen, war in einer Zeitung zu lesen. Können Sie damit etwas anfangen?
Vielleicht eher eine Neuorientierung der nichtjüdischen Öffentlichkeit? Für uns sind die Makkabi-Vereine und auch die Makkabiaden ja etwas sehr Vertrautes in unserem jüdischen Alltag. Aber unsere Umwelt hat das bisher nicht so stark wahrgenommen. Auch das Selbstbewusstsein und die Lebensfreude innerhalb der jüdischen Gemeinschaft sind vermutlich erstmals in dieser Dimension nach außen gedrungen.
Aktive und Fans des deutschen Teams waren in Schwarz-Rot-Gold und mit »Schland«-Rufen dabei. Wie fanden Sie das?
Ich denke, das zeigt ein selbstbewusstes und unverkrampftes Verhältnis der jungen jüdischen Generation zu ihrem Heimatland. Und das ist etwas sehr Positives.
Hatten Sie zuvor Sicherheitsbedenken?
Bei Großveranstaltungen dieser Art, zumal bei jüdischen, ist immer ein Risiko vorhanden. Aber da auf die Sicherheit im Vorfeld großer Wert gelegt worden war und wir in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit der Polizei und den Sicherheitsbehörden gemacht haben, war ich zuversichtlich, dass nichts passiert. Es ist ein schönes Gefühl, wenn es dann tatsächlich auch so kommt.
Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.