München

Jüdische Organisationen fordern Absage von SKA-P-Konzert

Joxemi (José Miguel Redín), der Gitarrist von SKA-P, bei einem Konzert in der Zitadelle Berlin, am 24. Juni 2023 Foto: picture alliance / PIC ONE

Ab heute findet in München das Tollwood-Festival statt. Es bietet Veranstaltungen für Kinder, Theater und Musik. Am Samstag ist in der Musik-Arena auch ein Konzert der spanischen Formation SKA-P vorgesehen. Jüdische Organisationen fordern nun eine Absage der Vorstellung – wegen Antisemitismus.

Das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München, zu dem die Grüne Jugend, die Linksjugend München, die »SJD – Die Falken München« und die Emanzipatorische Linke München gehören, schrieb einen offenen Brief an die Organisatoren des Festivals, der auch vom Verband Jüdischer Studenten in Bayern und dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft München unterzeichnet wurde, sowie von Erich Schneeberger, dem Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Sinti und Roma in Bayern.

In dem Schreiben heißt es, die Unterzeichner seien auf das SKA-P-Konzert aufmerksam geworden. »Da sie sowohl antisemitische als auch antiziganistische Ressentiments bedienen, fordern wir Sie auf, diese Band wieder auszuladen«, so der Wortlaut. Konkret gehe es um den Song »Intifada«, dessen Text »ein Paradebeispiel für linken israelbezogenen Antisemitismus« darstelle.

In dem SKA-P-Song »Intifada« heißt es auf Spanisch, die Opfer von damals, (nämlich die Juden) seien »zu Henkern geworden«, die palästinensische Gebiete kolonisierten. »Palästina ist dem hartnäckigsten aller Kriege ausgesetzt, der Opulenz Israels.«

Sprecherin Der Bayerische Rundfunk (BR) zitierte eine Sprecherin des Festivals, die angab, SKA-P sei eine »linksorientierten Band mit sozialkritischen Texten«. Der diskutierte Song sei nur einer von vielen. Die Organisatoren hätten die Band gebeten, den Song nicht zu spielen, aber noch keine Antwort erhalten. Die Kritik des Linken Bündnisses gegen Antisemitismus könne man nachvollziehen, so die Festival-Macher laut BR.

»Ich fordere die Behörden in München auf, unverzüglich alles zur Unterbindung der Verbreitung dieser antisemitischen Hetze zu tun.«

Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftrager in Bayern

Das Bündnis kritisierte ein weiteres Element der SKA-P-Shows: Ein Bandmitglied hatte sich während eines kürzlich erfolgten Konzertes in Augsburg als »Zigeunerin mit Glaskugel« verkleidet und damit Vorurteile bedient.

Die Band SKA-P selbst erklärte, die Einlage mit der Frau, die in eine Glaskugel schaue, sei eine Persiflage auf eine spanische Fernsehsendung. Zu den Vorwürfen hinsichtlich des Songs »Intifada« schrieb Jose Miguel Redin, der Gitarrist der Gruppe, bezüglich ihres »Antizionismus« habe SKA-P keine Geheimnisse. Gegenüber dieser Zeitung forderte er, das Lied müsse respektiert werden und wies den Vorwurf des Antisemitismus zurück.

Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle sagte auf Anfrage, die Band SKA-P solle bei dem geplanten Konzert dringend von dem kritisierten Song »Intifada« Abstand nehmen. »Dieser Song ist Ausdruck von israelbezogenem Antisemitismus und damit für mich nicht verhandelbar. Das Handeln des Staats Israel lässt sich bei allem Recht zur Kritik an staatlichem Handeln nicht mit dem totalitären Unrechtsregime der NSDAP vergleichen«, so Spaenle.

Täter-Umkehr Auch Volker Beck, der Chef des Tikvah Instituts, nahm Stellung. »Der Text der Band ist nicht nur eine klassische antisemitische Täter-Umkehr, es ist auch Volksverhetzung, wenn es tatsächlich in dem Song heißt: Die Opfer sind zu Henkern geworden, sie kehren ihr Inneres nach außen«, sagte Volker Beck gegenüber der Jüdischen Allgemeinen. »Damit werden die Opfer der Shoah verleumdet und herabgesetzt.«

»Volksverhetzung kann sich nicht auf die Kunstfreiheit berufen. So etwas darf in München keine Bühne haben«, fügte der frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen hinzu. »Ich fordere die Behörden in München auf, unverzüglich alles zur Unterbindung der Verbreitung dieser antisemitischen Hetze zu tun.« Beck, der auch Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) ist, kündigte an, er werde Strafanzeige stellen.

 

Reaktionen

»Ist die Idee wirklich so schlecht?« - »Verstörend und grotesk«

Eine Presseschau zu US-Präsident Donald Trumps Plan, den Gaza-Streifen in eine »Riviera des Nahen Ostens« zu verwandeln

 07.02.2025

Terror

Irans Stellvertreter bedrohen Juden in Schweden

Sowohl oppositionelle Iraner als auch Juden sind in Gefahr. Die Bedrohung kommt von Teherans Islamischer Revolutionsgarde

 07.02.2025

Washington D.C./Den Haag

Trump ordnet Sanktionen gegen Internationalen Strafgerichtshof an

Es ist nicht das erste Mal, dass der US-Präsident gegen den Internationalen Strafgerichtshof vorgeht. Der Republikaner wirft dem Gericht mit Blick auf den Haftbefehl gegen Netanjahu Machtmissbrauch vor

 07.02.2025

Rom

Papst Pius XII. bekam im Zweiten Weltkrieg 10.000 Briefe von Juden

Er war »Der Stellvertreter«: Die Haltung des italienischen Papstes im Zweiten Weltkrieg ist umstritten. Nun wurden 10.000 Bittschreiben von Juden entdeckt. Die meisten bekam Pius wohl nie zu Gesicht

von Christoph Sator  07.02.2025

Washington D.C.

Rubio: Trump will mit Gaza-Vorstoß Länder zur Hilfe bewegen

Seit Tagen wird gerätselt, was hinter dem umstrittenen Plan des US-Präsidenten für den Küstenstreifen steckt. Sein Außenminister glaubt zu wissen: Er will die Nachbarn aus der Reserve locken

 07.02.2025

Umfrage

Deutschlandtrend: Streit um AfD-Stimmen schadet Union nicht

Im ARD-Deutschlandtrend liegt die Union stabil vorne. Auch sonst hat sich wenig verändert gegenüber den Werten der Vorwoche - trotz der Aufregung im Bundestag

 06.02.2025

Stuttgart

Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Teilnahme an Bildungsmesse

Der geplante AfD-Stand bei Europas größter Bildungsmesse didacta in Stuttgart sorgt auch beim Zentralrat der Juden in Deutschland für Kritik

von Norbert Demuth  06.02.2025

Berlin

Prozess gegen mutmaßliche Hamas-Mitglieder

Die Terrororganisation Hamas ist nicht nur im Gaza-Streifen aktiv. Demnächst stehen vier mutmaßliche Mitglieder vor Gericht, die sich laut Bundesanwaltschaft um Waffenlager in Europa kümmerten

 06.02.2025

Horst Köhler

Er hörte zu, er fragte nach

Bei dem kürzlich verstorbenen Altbundespräsidenten war immer zu spüren: Jüdisches Leben in Deutschland war ihm ein Herzensanliegen

von Maram Stern  06.02.2025