Streit um Gebots-Tafeln

Theologe dringt auf Stopp der Anti-Baerbock-Kampagne

Matthias Schreiber, Vorsitzenderdes Vereins 321: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland (2020 in der Bundespressekonferenz) Foto: imago images/Jürgen Heinrich

Der Vorsitzende des Vereins »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«, Matthias Schreiber, fordert, dass die wegen antisemitischer Klischees kritisierte Kampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) gestoppt wird. In der Kampagne werde eine der wichtigsten Urkunden des Judentums, aber auch des Christentums, als Negativfolie benutzt, sagte Schreiber dem Evangelischen Pressedienst (epd). »Das ist abenteuerlich und ungerechtfertigt. Es ist antijudaistisch.«

Die Kampagne zeigt die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock als Moses mit zwei Gebots-Tafeln. Dazu wurden unter anderem die Slogans veröffentlich »Warum wir keine Staatsreligion brauchen« und »Grüne Verbote führen uns nicht ins gelobte Land.« Die Anzeige erschien am Freitag in verschiedenen Zeitungen und stand am Sonntag weiterhin auf der Webseite der Initiative.

»GLAUBENSCHARTA« Schreiber erklärte, die Zehn Gebote seien so etwas wie eine Glaubens- und Menschenrechtscharta der Freiheit, keine Verbotscharta. Das Judentum werde so als Verbotsreligion inszeniert. Für die Kampagne hätten die Verantwortlichen statt eines so wichtigen jüdischen Dokuments einen eindeutigen Verbotskatalog als Referenz verwenden müssen.

»Es hätte doch wenigstens eine oder einer merken müssen, dass mit einer solchen Kampagne antisemitische Verschwörungsmythen leichtfertig bedient werden«, sagte Schreiber. Grade in Zeiten, in denen Antisemitismus unter anderem durch die Szene der Corona-Leugner wieder im Aufwind sei, sei das besonders schlimm.

MOTIVATION Weder der Initiative, noch einzelnen Beteiligten unterstelle er eine antisemitische Motivation, sagte der Vorsitzende des Vereins »1.700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland«. »Aber, indem sie hier die Ressentiments bedienen, erweisen sie sich – ungewollt und in naivster Manier – als die Wasserträger des Antisemitismus.« An diesem Beispiel werde einmal mehr deutlich, wie groß die Aufgabe sei, Antisemitismus von der Wurzel her zu bekämpfen, erklärte der Theologe. Er sei gespannt, ob die Initiative sich jetzt konstruktiv an dieser wichtigen Aufgabe beteilige.

Bereits am Freitag hatten Vertreter aus Politik und Gesellschaft die Anzeige wegen antisemitischer Klischees kritisiert. Die Initiative, die nach eigenen Angaben von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziert wird, wies die Antisemitismusvorwürfe zurück. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände distanzierte sich von der Kampagne. epd

Debatte

Darf man Israel kritisieren?

Eine Klarstellung von Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  21.11.2024

Medienberichte

Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck im Alter von 96 Jahren gestorben

In der rechsextremen Szene wird sie bewundert

 21.11.2024

Washington D.C.

US-Senat gegen Blockade einiger Waffenlieferungen an Israel

Eine Gruppe von Demokraten scheitert mit ihrem Vorstoß

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024

Russlands Krieg in der Ukraine

1000 Tage Krieg

Die Ukraine hat gerade ein bitteres Jubiläum begangen - 1000 Tage Krieg. Wie leben die Menschen dort, begleitet von so viel Tod und Zerstörung? Streiflichter von einem einzelnen Tag geben einen kleinen Einblick

von Illia Novikov  20.11.2024

Berlin

Prozess gegen Teilnehmer israelfeindlicher Uni-Besetzung eingestellt

Die Aktion an der Humboldt Universität bleibt auch wegen der dort verbreiteten Pro-Terror-Propaganda in Erinnerung

 20.11.2024

Meinung

Jung, jüdisch, widerständig

Seit dem 7. Oktober 2023 müssen sich junge Jüdinnen und Juden gegen eine Welle des Antisemitismus verteidigen

von Joshua Schultheis  20.11.2024

USA

Trump nominiert Juden für das Handelsministerium

Howard Lutnick ist Chef des New Yorker Finanzunternehmens Cantor Fitzgerald

von Andrej Sokolow  20.11.2024

Wien

IAEA: Iran will Uran-Produktion beschränken

Dabei hat das Mullah-Regime seinen Uran-Vorrat zuvor massiv aufgestockt

 20.11.2024