Herr Shalicar, Premierminister Netanjahu hat in dieser Woche in Berlin, Paris und London versucht, Israels Position in Sachen Iran deutlich zu machen. Mit Erfolg?
Es ist noch zu früh, das abschließend bewerten zu können. Aber der Versuch, die Sicht Israels in persönlichen Gesprächen mit den Regierungschefs zu verdeutlichen, ist richtig. Denn man hat doch den Eindruck, dass Europa eigentlich weiß, worum es dem Iran geht. Aber Europa hat eine andere Herangehensweise als wir, eine andere Art, auf die Bedrohung zu antworten. Da muss Israel seine Position klarmachen. Im Endeffekt geht es doch darum, eine Eskalation oder sogar eine direkte kriegerische Konfrontation mit dem Iran zu vermeiden.
Droht diese Konfrontation ganz aktuell?
Wir haben kein grundsätzliches Problem mit dem Iran. Wir haben keine Milizen an seiner Grenze, bauen keine Raketen ausschließlich in seine Richtung. Aber der Iran verhält sich feindlich. Erst vor wenigen Tagen hat Revolutionsführer Khamenei Israel als »Krebsgeschwür« bezeichnet, das beseitigt werden müsse.
Israel will den Atomdeal mit Teheran nicht, Europa möchte daran festhalten. Israel will eine härtere Linie, Europa mehr Diplomatie. Wie soll man sich annähern?
Indem man weiter miteinander spricht. Auch Europa hat doch verstanden, dass der Iran in den vergangenen Jahren nicht friedlicher, sondern sehr viel aggressiver geworden ist. Das Land scheint das Signal des 2015 geschlossenen Atomdeals ganz anders verstanden zu haben. Teheran entwickelt seit Jahren sein Raketenprogramm, erweitert seine Militärkapazitäten, breitet sich in der Region immer mehr aus, steht jetzt schon direkt an Israels Grenze und droht uns und anderen Ländern.
Versteht man in Berlin, Paris und London die Bedrohung nicht?
Länder haben ihre eigenen Interessen. Wer die Bedrohung nicht selbst am eigenen Leibe fühlt, ist vielleicht geduldiger. Doch das ballistische Raketenprogramm, mit dem sich Teheran internationalen Beschränkungen widersetzt, sollte inzwischen auch Europa nervös machen. Der Iran verfügt über hoch entwickelte Mittel- und Langstreckenraketen. Wenn deren Reichweite 2000 Kilometer übersteigt, ist der Tag nicht mehr weit, an dem sie auch Berlin, Paris und London erreichen können.
Ein Thema bei Netanjahus Unterredungen war auch das israelische Vorgehen am Gazastreifen. Europa stellt die »Verhältnismäßigkeit« infrage. Zu Recht?
Israels Vorgehen ist angesichts der asymmetrischen Konfliktsituation durchaus verhältnismäßig. Die Armee eines demokratischen Landes muss Terroristen am Durchbrechen eines Grenzzauns hindern, das Eindringen auf eigenes Territorium verhindern und die Zivilbevölkerung schützen. Das ist für uns absolut alternativlos.
Mit dem Direktor für Auswärtige Angelegenheiten im israelischen Geheimdienstministerium sprach Detlef David Kauschke.