Der neue Antisemitismusbeauftragte des Landes Niedersachsen, Franz Rainer Enste, setzt beim Kampf gegen Judenhass vor allem auf gesellschaftliche Aufklärung. In der Bevölkerung kursierten nach wie vor »oberflächliche Klischees, die mit der Wirklichkeit überhaupt nichts zu tun haben«, sagte Enste dem Evangelischen Pressedienst (epd). »Wir müssen systematisch am Abbau dieser Vorurteile arbeiten. Die meisten Menschen haben noch nie mit einem Juden gesprochen.«
Zu den judenfeindlichen Denkansätzen gehörten auch abstruse Weltverschwörungstheorien, erläuterte Enste mit Blick auf den Angriff auf die Synagoge in Halle im Oktober. Der mutmaßliche Täter hatte nach seiner Festnahme in einem Geständnis antisemitische Motive offengelegt.
schule Eine wichtige Rolle bei der Aufklärung spiele die Schule, sagte Enste. Schon in der Grundschule müssten Respekt und Toleranz eingeübt werden: »Es reicht nicht, sich in gewiss hochqualifizierten Leistungskursen des Gymnasiums mit verschiedenen Auswirkungen des NS-Unrechtsstaates zu beschäftigen«, erläuterte er. »Wir müssen sehr viel früher ansetzen, um einen tief sitzenden Respekt und eine respektvolle Toleranz gegenüber unseren Mitmenschen zu vermitteln.«
Enste appellierte an Lehrer und Schulleiter, Besuche in KZ-Gedenkstätten auf den Lehrplan zu setzen.
Enste appellierte an Lehrer und Schulleiter, Besuche in Gedenkstätten für frühere Konzentrationslager wie in Bergen-Belsen bei Celle oder Esterwegen bei Papenburg auf den Lehrplan zu setzen.
Jeder Schüler und jede Schülerin sollte eine solche Fahrt mindestens einmal in der Schulzeit erlebt haben. »Die Erinnerungskultur hat eine besondere Bedeutung, um unser Land zu immunisieren gegen alle Tendenzen, die Menschen bedrohen und Unfreiheit erzeugen«, betonte Enste.
hetzparolen Scharfe Kritik übte der Beauftragte an Hassparolen wie »Israel ist unser Unglück«. Plakate mit dieser Aufschrift waren im Mai im Europa-Wahlkampf aufgetaucht. »Wir müssen uns sehr genau überlegen, wie wir konsequenter gegen Hetzparolen vorgehen«, sagte Enste. Die Justiz werde dies intensiv überprüfen.
Der frühere Regierungssprecher Enste (66) war von der Landesregierung als erster Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens in Niedersachsen eingesetzt worden. Der promovierte Jurist trat seine ehrenamtliche Aufgabe am 1. November an. Seine Stelle ist dem Justizministerium zugeordnet. Enste kündigte an, er werde demnächst intensive Gespräche mit jüdischen Gemeinden sowie mit Sicherheitsbehörden und dem Verfassungsschutz führen. epd