Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und der Berliner Senatskanzlei gibt es Streit. Grund könnte ein Kommunikationsproblem sein, wie aus Berichten der »Berliner Zeitung« und des »Tagesspiegel« hervorgeht.
Demnach wurde aufgrund des sich immer weiter verbreitenden Judenhasses in der Bundesrepublik über den Vorschlag des Freundeskreises diskutiert, eine Straße in Berlin nach der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem zu benennen.
Dem Blatt zufolge kam es vor genau einem Jahr, am 30. April 2024, zu einem Gespräch, bei dem über den Vorschlag gesprochen wurde. Der Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten, Florian Hauer, hatte laut Senatssprecherin auf Bitten des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) dazu eingeladen. Ruth Ur, die frühere Geschäftsführerin des Freundeskreises Yad Vashem, und dessen Vorsitzender Kai Diekmann, der einst Chefredakteur von »Bild« war, waren dabei.
Ausgerechnet Wegner
Bei dem Gespräch im vergangenen Jahr ging es um die Frage, wie der Senat dem Freundeskreis bei einer Straßenbenennung helfen könne, obwohl nicht das Rote Rathaus, sondern die Bezirke dafür zuständig sind. Dies bestätigte Senatssprecherin Christine Richter, die frühere Chefredakteurin der »Berliner Morgenpost«, gegenüber der »Berliner Zeitung«.
Vereinbart wurde offenbar, dass weiterhin über den Vorschlag gesprochen werden solle. Die Kommunikation verlief allerdings im Sande. In einem Interview, zu dem es nach dem ersten Gespräch kam, ging Diekmann scharf mit dem Senat ins Gericht.
Dem Blatt zufolge kritisierte er die Staatskanzlei dafür, dass sie nicht weiter tätig geworden sei. Zugleich erklärte er demnach, er nehme dem Regierenden Bürgermeister den Kampf gegen den Antisemitismus nicht mehr ab. Dieser Vorwurf – ausgerechnet gegen Wegner – kam überraschend und wiegt schwer. Christine Richter wies die Vorhaltung zurück.
Kai Wegner gilt als Israelfreund. Vor dem Roten Rathaus weht seit Monaten auch die israelische Flagge. Seine erste Auslandsreise als Regierender Bürgermeister führte ihn nach Israel. Er kämpft gegen Antisemitismus und fädelte eine Städtepartnerschaft Berlins mit Tel Aviv ein.
Keine Veranlassung
Senatssprecherin Richter gab gegenüber dem »Tagesspiegel« an, der Freundeskreis habe sich nicht mehr gemeldet, weshalb es für den Senat keine Veranlassung gegeben habe, weiter tätig zu werden.
Wo das Problem tatsächlich lag, deckte die »Berliner Zeitung« jetzt auf: Die Redaktion der Publikation erhielt Zugriff auf eine im Oktober 2024 geschriebene E-Mail von Ruth Ur an Staatssekretär Hauer, in der sie ihn fragt, wie bezüglich der Straßenbenennung weiter verfahren werden solle. Darauf soll der Senat nie geantwortet haben.
Am vergangenen Wochenende soll Diekmann schließlich einen Brief an Wegner geschickt haben, in dem von einer »großen Verwunderung« über das Statement von Christine Richter die Rede ist. Der Freundeskreis Yad Vashem habe vergeblich versucht, mit der Senatskanzlei Kontakt aufzunehmen. Den Regierenden Bürgermeister bat Diekmann, sich persönlich um die Sache zu kümmern.
Automatisch archiviert
Nun zitiert die »Berliner Zeitung« eine Erklärung von Sprecherin Richter. Der Inhalt: Zwei E-Mails, die aber an persönliche Adressen in der Senatskanzlei geschickt worden seien, wurden nach einer Recherche entdeckt. Da sie automatisch archiviert worden seien, hätten sie nicht gelesen werden können.
Die Staatskanzlei entschuldigte sich für »die unvollständige Information unsererseits« sowie »die dadurch entstandene Irritation«.
Ob der Unmut beim Freundeskreis Yad Vashem damit ausgeräumt ist, ist bislang unbekannt.