Herr Behrendt, die Berliner Senatsjustizverwaltung beschäftigt ab September mit Claudia Vanoni erstmals eine Antisemitismusbeauftragte in der Generalstaatsanwaltschaft. Warum?
Der Vorschlag kam von der Generalstaatsanwältin Margarete Koppers, und ich finde das sehr gut. Vor allem ist diese Stelle ein Ergebnis der Debatte über die erschreckenden Vorfälle, die wir in Berlin hatten, nicht zuletzt die Gürtelschläger-Attacke in Prenzlauer Berg. Auch der Wunsch aus der jüdischen Community, die mehr staatliche Aktivität einforderte, spielte eine Rolle.
Welche Aufgaben liegen vor Frau Vanoni?
Sie wird zum einen nach außen Ansprechpartnerin für jüdische Organisationen sein – hier soll sie vor allem vernetzen und Kooperationen ermöglichen. Zum anderen soll sie nach innen der Justiz beratend zur Seite stehen. Da besteht Austauschbedarf.
Das fällt bei einigen Justizurteilen auf – siehe Wehrhahn-Prozess oder Brandanschlag auf die Wuppertaler Synagoge. Wie groß ist der Nachholbedarf beim Erkennen und Einordnen antisemitischer Motive?
So schlecht sind wir in Berlin nicht aufgestellt. Es gibt aber trotzdem den Bedarf nach Fortbildungen und Austausch mit Experten. Nur so können wir auf aktuelle Erscheinungsformen und Entwicklungen des Antisemitismus reagieren. Dafür hilft auch die einheitliche Antisemitismusdefinition.
Dennoch bleibt die Frage: Warum gerade in Ihrem Ressort? Schulungsbedarf haben auch Lehrer und Polizisten. Hat demnächst jede Senatsverwaltung einen eigenen Antisemitismusbeauftragten? Warum dann nicht gleich auf Landesebene?
Das Abgeordnetenhaus hat eine Berliner Ansprechperson für den Antisemitismusbeauftragten im Bund beschlossen. Die Person muss nun noch benannt werden. Ich kann hier aber nur für meinen Geschäftsbereich sprechen. Die Berliner Strafverfolgungsbehörden gehen damit bundesweit voran. Ich bin mir sicher, dass andere Länder folgen werden. Aber klar ist auch: Wir stehen als Justiz oft am Ende einer langen Entwicklung, die viel früher und woanders einsetzt – in der Schule, im Sportverein, auf der Straße. Wir werden die Taten nicht alle verhindern können. Wir können aber die Täter zur Rechenschaft ziehen.
Was sind die größten Herausforderungen?
Wir wollen das Dunkelfeld weiter aufhellen. Das findet in Berlin bereits, dank der guten Arbeiten von RIAS, statt. Denn wir können als Strafverfolgungsbehörden nur das verfolgen, was wir kennen. Uns geht es darum, für Vertrauen in die staatlichen Institutionen zu werben. Wir wollen vermitteln: Es lohnt sich, antisemitische Beleidigungen anzuzeigen. Nur wird die Justiz allein das Problem nicht lösen können. Trotzdem haben wir unsere Aufgabe: deutlich zu machen, dass wir die Strafgesetze durchsetzen und es Sanktionen gibt, sei es in Alltagssituationen oder bei Hetze im Internet.
Mit dem Berliner Justizsenator sprach Katharina Schmidt-Hirschfelder.