Meinung

Straches Reise nach Jerusalem

Auf den ersten Blick mag es überraschen, doch die Strategie ist schnell durchschaut. Vergangene Woche reiste Heinz-Christian Strache, Chef der österreichischen rechtspopulistischen FPÖ, mit einer hochrangigen Parteidelegation nach Israel. Nicht zum ersten Mal. Doch was machen gerade Vertreter dieser von ehemaligen Nationalsozialisten gegründeten Partei, die ihre Kader bis heute wesentlich aus deutschnationalen Burschenschaften rekrutiert und regelmäßig mit antisemitischen Ausfällen und Neonazikontakten von Parteifunktionären für Schlagzeilen sorgt, ausgerechnet im jüdischen Staat?

bierzelt Mit Antisemitismus und NS-Nostalgie kann man in manchem österreichischen Bierzelt zwar noch punkten. Zum Sprung in die Regierung stehen der Partei jedoch die braunen Flecken im Weg. Wie auch andere europäische Rechtspopulisten bemüht sich Straches FPÖ daher um eine Kurskorrektur – weg von den antisemitischen Wurzeln. Der Feind ist jetzt der radikale Islam. Heute wird auf eine Instrumentalisierung der Angst vor dem Islam gesetzt und der drohende Untergang einer »Wertegemeinschaft« heraufbeschworen, der nun auf einmal auch das Judentum angehören soll.

In ihrem Antiislamismus entdecken FPÖ-Politiker plötzlich Solidarität mit Israel und gerieren sich als Verbündete des jüdischen Staates gegen eine gemeinsame Bedrohung. Der erhoffte Nebeneffekt ist internationale Rehabilitierung: Die Partei kann sich derzeit beste Chancen auf eine künftige Regierungsbeteiligung ausrechnen, und würde Israel Strache als Kanzler akzeptieren, bliebe ein internationaler Aufschrei wie bei der ersten FPÖ-mitgeführten Regierung (2000–2005) unter Jörg Haider wohl aus. Strache wäre salonfähig.

treffen Ob der Plan wirklich aufgeht, ist ungewiss. Denn bisher will das offizielle Israel mit der FPÖ nicht das Geringste zu tun haben. Strache, der nach eigenen Angaben bereits zum fünften Mal in Israel war, sprach von »diskreten Treffen mit hochgradigen Persönlichkeiten«, wollte jedoch keine Namen nennen. Ein Treffen mit dem ehemaligen Staatspräsidenten Schimon Peres blieb ihm jedenfalls versagt. Andererseits ist auch fraglich, ob der Burschenschafter Strache es tatsächlich schaffen will und kann, seine Partei von dem antisemitischen Dunst zu befreien, dem sie einst entsprang.

Der Autor ist Redakteur der österreichischen Tageszeitung »Standard«.

Meinung

Ein Bumerang für Karim Khan

Die Frage der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshof für Israel muss erneut geprüft werden. Schon jetzt ist klar: Der Ruf des Gerichts und seines Chefanklägers wird leiden

von Wolf J. Reuter  25.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

80 Jahre nach Kriegsende

»Manche Schüler sind kaum noch für uns erreichbar«

Zeitzeugen sterben, der Antisemitismus nimmt zu: Der Geschichtsunterricht steht vor einer Zerreißprobe. Der Vorsitzende des Verbands der Geschichtslehrerinnen und -lehrer erklärt, warum Aufgeben jedoch keine Option ist

von Hannah Schmitz  25.04.2025

Washington D.C.

Trump beschimpft Harvard als »antisemitische, linksextreme Institution«

Der US-Präsident geht vehement gegen Universitäten vor, die er als linksliberal und woke betrachtet. Harvard kritisiert er dabei besonders heftig

 25.04.2025

Berlin/Jerusalem

Herzog kommt in die Bundesrepublik, Steinmeier besucht Israel

Der Doppelbesuch markiert das 60-jährige Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern

 25.04.2025

«Nie wieder»

Dachauer Gedenkstättenleiterin warnt vor ritualisierten Formeln

Die KZ-Gedenkstätte Dachau erinnert am 4. Mai mit einer großen Feier mit 1.800 Gästen an die Befreiung des ältesten Konzentrationslagers durch amerikanische Truppen am 29. April 1945

von Susanne Schröder  25.04.2025

Geschichte

Bundesarchiv-Chef warnt vor dem Zerfall historischer Akten

Hollmann forderte die künftige Bundesregierung auf, einen Erweiterungsbau zu finanzieren

 25.04.2025

Israel

Regierung kondoliert nach Tod des Papstes nun doch

Jerusalem löschte Berichten zufolge eine Beileidsbekundung nach dem Tod des Papstes. Nun gibt es eine neue

 25.04.2025

Berlin/Grünheide

Senatorin verteidigt ihre »Nazi«-Äußerung zu Tesla

Berlins Arbeitssenatorin spricht im Zusammenhang mit der Marke von »Nazi-Autos«. Daraufhin gibt es deutliche Kritik. Die SPD-Politikerin reagiert

 25.04.2025