Internet

Stichwort »Jude«

Chefideologe der Nazis: Alfred Rosenbergs »Mythus des 20. Jahrhunderts« Foto: screenshot

Wer Interesse an judenfeindlicher Literatur hat, dem genügt ein Besuch beim größten Buchhändler der Welt. Auf Amazon.de findet man sehr leicht – Stichwort »Jude« genügt – eine reichhaltige Auswahl an antisemitischen Büchern. Vor allem im Bereich »Marketplace«, auf dem Drittanbieter im Rahmen des Partnerprogramms ihre Angebote einstellen, werden Suchende rasch fündig.

Dort findet man etwa Bücher von Alfred Rosenberg. Der galt als Chefideologe der Nazis, er verfasste mehrere antisemitische Schriften und raubte während des Zweiten Weltkriegs mit dem nach ihm benannten Einsatzstab in den von Deutschland besetzten Ländern den Kunstbesitz auch zahlreicher jüdischer Familien. Eines von Rosenbergs erklärten Zielen war die Vernichtung der europäischen Juden. Im Rahmen der Besetzung der Sowjetunion verfolgte Rosenberg als »Reichsminister für die besetzten Ostgebiete« gegenüber der Bevölkerung eine »Hungerstrategie«, mit dem Ziel, Millionen von Zivilisten sterben zu lassen. Alfred Rosenberg wurde 1946 in den Nürnberger Prozessen zum Tode verurteilt und gehenkt.

protokolle Bei Amazon waren zu Beginn der Recherche für diesen Artikel sowohl Rosenbergs Schlüsselbuch Der Mythus des 2o. Jahrhunderts als auch seine Schrift Die Protokolle der Weisen von Zion und die jüdische Weltpolitik im Angebot. Rosenberg hat mit diesem Buch die Protokolle der Weisen von Zion in Deutschland erst bekannt gemacht. Die Anfang des 20. Jahrhunderts in Russland verfassten Protokolle, in denen eine angebliche jüdische Weltverschwörung beschrieben wurde, waren schon lange vor dem Erscheinen von Rosenbergs Buch als Fälschung entlarvt worden. In Deutschland ist das Buch verboten.

Rosenbergs Buch ist nicht das Einzige auf Amazon, das die Protokolle, die man getrost als einen der zentralen Texte des modernen Antisemitismus bezeichnen kann, begeistert propagiert. Die Protokolle der Weisen von Zion – erfüllt! von Johannes Rothkranz sowie Herbert Pitliks Die ›Protokolle‹ der Weisen von Zion. Aus der Sicht 100 Jahre danach werden gleichfalls angeboten. Auch für Schoaleugner findet sich bei Amazon passende Lektüre. Mit Paul Rassiniers Was ist Wahrheit? Die Juden und das Dritte Reich können sie sogar auf den Text eines ehemaligen KZ-Häftlings zurückgreifen, der den Mord an den Juden leugnet.

plattform Auf Anfrage dieser Zeitung teilte Amazon mit, es sei »nicht der Anbieter von Produkten, die von Dritten über den Amazon.de-Marketplace angeboten werden, sondern stellt dafür lediglich die Plattform zur Verfügung«. Das Unternehmen verweist auf seine Regeln, nach denen Drittanbietern untersagt ist, »rassistisches, diskriminierendes oder gewaltverherrlichendes Material« und »Artikel, die den Nationalsozialismus verherrlichen oder verharmlosen« zum Verkauf anzubieten. Bei der Überprüfung dieser Regeln verlässt sich Amazon, wie die Firma mitteilt, auf »Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien« und auf Meldungen aus seinem Kundenkreis.

Allzu effektiv scheint das gewählte Kontrollverfahren nicht zu sein. Erst nachdem die Jüdische Allgemeine nach den entsprechenden Titeln gefragt hatte, nahm Amazon Rassiniers Was ist Wahrheit? sowie Rothkranz’ und Rosenbergs Bücher über die Protokolle der Weisen von Zion aus dem Angebot. Zu anderen Büchern heißt es: »Die Überprüfung ist derzeit noch nicht abgeschlossen; die weiteren von Ihnen genannten Titel prüfen wir derzeit noch.«

lücke Mit Amazon.de bedient ein seriöser Anbieter einen Markt, auf dem sich bisher vor allem mehr oder weniger dubiose Download-Seiten getummelt haben, bei denen man Pamphlete wie Hitlers Mein Kampf oder die judenhassenden Hetzlieder der seit 2003 verbotenen Band »Landser« schnell hochladen kann. Das Problem: In Deutschland sind rechtsradikale und antisemitische Inhalte zwar in der Regel illegal. Doch in anderen Ländern, etwa den USA mit ihrer großzügigen Auslegung der Meinungsfreiheit, finden sich solche Titel sogar bei eigentlich seriösen Anbietern wie Archive.org. Ein deutsches Verbot ist in Zeiten des weltweiten Netzes deshalb stets eine stumpfe Waffe.

Wien

Österreichs Außenminister kritisiert Haftbefehle gegen Israelis

Die Entscheidung schade der Glaubwürdigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs, so der ÖVP-Politiker

 21.11.2024

Paris

Frankreich zu Netanjahu-Haftbefehl: »Wir respektieren die internationale Justiz«

Das französische Außenministerium hat zum umstrittenen Entscheid des Internationalen Strafgerichtshofs Stellung bezogen

 21.11.2024

Social Media

Auschwitz-Komitee zieht sich von Plattform X zurück

Überlebende des Holocaust empfinden den antisemitischen Hass auf X als zunehmend bedrohlich

 21.11.2024

Meinung

Der Internationale Strafgerichtshof und die Kampagne gegen Israel

Bei den Haftbefehlen gegen Netanjahu und Gallant geht es um Politik und nicht um Recht

von Volker Beck  21.11.2024

Berlin

Schuster Calls Arrest Warrant Against Netanyahu »Absurdity«

The President of the Central Council of Jews calls on the German government to oppose this decision

 21.11.2024

Internationaler Strafgerichtshof

Zentralrat der Juden nennt Haftbefehl gegen Netanjahu »Absurdität«

Josef Schuster fordert die Bundesregierung dazu auf, sich gegen diese Entscheidung zu stellen

 21.11.2024

Jerusalem

Israels Präsident verurteilt Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant

Zahlreiche Regierungs- und Oppositionspolitiker schließen sich der Kritik an

 21.11.2024 Aktualisiert

Den Haag

Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant erlassen

Der Internationale Strafgerichtshof hat am Donnerstag einem Antrag des Chefanklägers Karim Khan stattgegeben

von Michael Thaidigsmann  21.11.2024

Berlin

Touristengruppe an Bushaltestelle antisemitisch beleidigt

Der Staatsschutz ermittelt

 21.11.2024